Artikel vom 19. März 2012

© 2012 fhi

ISSN 1860-5605

Erstveröffentlichung

Zitiervorschlag/Citation:

http://www.forhistiur.de/zitat/1203kroppenberg.htm

Inge Kroppenberg (Regensburg)
Adoptio naturam imitatur — Grenzfragen der Annahme als Kind in historisch-dogmatischem Kontext

Table of contents

I. Einführung

1. Eine (Rechts-)Geschichte aus dem Jahre 1811

1Die folgende Geschichte spielt in der Stadt Ragusa, dem heutigen Dubrovnik. Es ist das Jahr 1377. Der Rat der Stadt hat beschlossen, eine Quarantänestation einzurichten, um die weitere Ausbreitung der Pest zu verhindern.1 Unter den Internierten befindet sich der römische Kaufmann Piachi, sein minderjähriger leiblicher Sohn aus erster Ehe, Paolo, sowie ein Junge unbekannter Herkunft namens Nicolo. Der Handelsherr hatte sich des hilflosen Kindes angenommen. In der Quarantäne steckt sich Paolo bei Nicolo an und stirbt. Als die Ausreise wieder möglich ist, nimmt Piachi statt seiner Nicolo mit nach Rom, lässt ihn zu seinem Geschäftsnachfolger ausbilden und überträgt ihm zu Lebzeiten sein gesamtes Vermögen. Zuvor hatte Piachi ihn mit Einwilligung seiner zweiten Frau, der jungen Elvire, adoptiert, die aufgrund des fortgeschrittenen Alters Piachis keine Hoffnung mehr hat, noch leibliche Kinder mit ihm zu haben. Hinzu kommt, dass das Ehepaar eine „Josephs-Ehe“ führt.2 Elvire ist in einer idolatrischen Leidenschaft zu einem Jüngling Colino befangen, der ihr einst das Leben rettete und dabei seines verlor.

2Nicolo lässt sich mit korrupten Vertretern des Kirchenstaates ein. Seine vernachlässigte Frau stirbt samt dem gemeinsamen Kind im Wochenbett. Der junge Mann verrennt sich in dem Gedanken, die Verehrung der Adoptivmutter für Colino3 beziehe sich auf ihn und unternimmt es, sie in der Maske ihres Retters zu verführen – eine Tat, die Elvire nicht verwinden kann. Sie stirbt. Vom Vater inflagranti betroffen verweist der Sohn den Vater des Platzes. Piachis Antrag auf Rückübertragung seines Vermögens wird von besagten Kirchenvertretern abgewiesen. Der Sohn fällt durch die Hand des Vaters. Dafür wird Piachi wegen Mordes zum Tode verurteilt und verweigert noch vor der Vollstreckung die Absolution, um Nicolo in der Hölle wiederbegegnen und sich weiter an ihm rächen zu können.

3Bei der Geschichte handelt es sich um die Erzählung „Der Findling“ von Heinrich von Kleist aus dem Jahre 1811.4 Sie folgt der Erzählregel, dass eine Geschichte erst zu Ende ist, wenn sie die schlimmstmögliche Wendung genommen hat.5 Dass sich das so verhält, verdankt sich dem Konzept der Adoption. Kleist inszeniert die „Logik der Substitution“6. Alle Personen sind „zweite Besetzungen“7. Ihre Kommunikation ist gestört; ihre Beziehungen steril und sinnentleert. Aus dem organischen Sein ist mechanischer Schein geworden. Nicolo erscheint als der künstliche Mensch, die monströse Verkörperung einer Fiktion. Sie setzt zwei als ungleich erkannte Personengruppen, die natürlichen und die rechtlichen Abkömmlinge, statusrechtlich gleich8 und kann doch materielle Vergleichbarkeit zwischen beiden nur höchst unvollkommen nachbilden. Das kreative Potenzial der Fiktion führt in Tod und Verderbnis.

2. Eine rechtspolitische Diskussion aus dem Jahre 2012

4Das ist eine – zeitgebunden pessimistische – Lesart des Satzes adoptio naturam imitatur.9 Das späte 18. Jahrhundert hält auch optimistischere Beurteilungen bereit.10 Das Unbehagen, das sich aus der Ambivalenz der Adoption als eines Rechtsinstituts speist, das auf „natürliche“ Verhältnisse bezogen bleiben soll, hat es durch die Zeiten begleitet. In dogmatischen Grenz- und Reformfragen der Annahme als Kind kehren Spuren davon in unserer Gegenwart wieder. Das Unbehagen ist auch in der aktuellen Diskussion präsent, zum Beispiel in der Frage nach der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses des Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft von der gemeinschaftlichen Fremdkind- und nach überwiegender Auffassung auch von der sukzessiven Stiefkindadoption.

5§ 9 Abs. 7 LPartG bestimmt in S. 1, dass ein Lebenspartner ein Kind des anderen allein annehmen kann. Die Vorschrift schließt damit eine gemeinschaftliche Fremdkindadoption aus, die entsprechend dem Adoptionsleitbild des Gesetzgebers11 nur Ehepaaren eröffnet ist und ihnen eine Zweitadoption ausnahmsweise ermöglicht.12 Die überwiegende Auffassung versteht die Regelung als Verbot der sukzessiven Stiefkindadoption durch einen eingetragenen Lebenspartner, weil „Kind“ im Sinne dieser Regelung nur ein leibliches Kind meine, nicht aber ein „rechtliches“, das einer der beiden zuvor adoptiert hatte.13 Zurzeit sind ein konkretes Normenkontrollverfahren14 und eine Verfassungsbeschwerde15 zur sukzessiven Stiefkindadoption beim BVerfG anhängig. Parallel dazu liegt dem Bundestag ein Gesetzentwurf zur Änderung des LPartG vor, der empfiehlt, die Vorschriften des BGB zur Annahme als Kind in toto auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden.16 Schließlich gibt es in der laufenden Legislatur einen Antrag, die revidierte Fassung des Europäischen Übereinkommens über die Adoption von Kindern zu unterzeichnen, in dem den Mitgliedstaaten die Befugnis eingeräumt wird, das Adoptionsrecht homosexuellen Paaren nationalstaatlich zu gewähren.17

6Freilich finden sich in der Diskussion – eingebettet in und überlagert von menschen- und verfassungsrechtlichen Elternrechts- und Kindeswohlerwägungen18 – auch ältere Sedimentschichten: Von der „natürlichen Eltern-Kind-Beziehung“19 ist die Rede und davon, dass der „Regelfall“ der Elternschaft die biologische sei, was im „natürlichen Recht“ zum Ausdruck komme, von dem in Art. 6 GG gehandelt wird.20 Des Weiteren kann man lesen, dass die Adoptionsregeln von dem Umstand geprägt seien, wonach „Kindererziehung zuvorderst Aufgabe einer aus Vater, Mutter und Kind bestehenden Familie“ sei und Abweichungen besonderer Rechtfertigung bedürfen.21 Bei der Adoption handele es sich nur um eine „Nachbildung“22 eben jenes Eltern-Kind-Verhältnisses, das mit leiblicher Abstammung von Personen unterschiedlichen Geschlechts assoziiert wird. Die eingetragene Lebenspartnerschaft mit Kindern erscheint als der Prototyp der juristischen Fiktion, als virtuelle „Regenbogenfamilie“ – rechtfertigungsbedürftig oder unzulässig.23

7Sind das nur „Rückzugsgefechte“ der Gegner der eingetragenen Lebenspartnerschaft auf dem Feld der Adoption?24 Mitnichten. Der Gedanke des nachahmenden Charakters der Annahme als Kind ist nicht nur bei denen anzutreffen, die sich gegen die weitere Öffnung des Adoptionsrechts für eingetragene Lebenspartner aussprechen. Er findet sich auch bei Befürwortern, so, wenn zu lesen ist, die „Elternstellung zu einem Kind (werde) immer weniger durch die Zeugung, sondern zunehmend durch die sozial-familiäre Verantwortungsgemeinschaft vermittelt“, die das Adoptionsrecht nur „ungenügend nachbilde25. Hier wird zwar die Chiffre „Natur“ durch die des „Sozialen“ ersetzt, der Imitationsgedanke selbst aber nur variiert.

8An den Grenzfällen der sukzessiven Stiefkind- und der gemeinsamen Fremdkindadoption von eingetragenen Lebenspartnern kann man studieren, wie sehr im Institut der Adoption nicht nur grundlegende, sondern auch grundverschiedene Konzepte von Natur und Recht als Ausdruck von Kultur schlechthin aufgerufen werden, und dass wir deren jeweiliges Mischungsverhältnis im Spiegel von zeitgebundenen Verwandtschafts26- und Familienbildern wahrnehmen.27 Wenn aber die Dogmatik ihrer Geschichte nicht auskommt, sollte man die im positiven Rechtsbegriff der Adoption eingelagerten Sinnschichten aufschlüsseln und sich hernach weitere Grenzfragen des geltenden Rechts noch einmal historisch informiert vorlegen.

II. Adoptio naturam imitatur in rechtshistorischem Kontext

1. Römische Antike

9Die Geschichte der Adoption beginnt zwar nicht in Rom,28 aber das Adoptionsrecht erhält hier eine neue Prägung. Dass in Rom juristische Adoptionsformen von einer in der antiken Welt einzigartigen Variationsbreite ausgeprägt wurden, verweist auf die Affinität der römischen Gesellschaft zu dieser Art der Familienorganisation bis in die mythische Vorzeit. Die ältere Form, die Arrogation, war die Annahme eines gewaltfreien Mannes als Sohn durch einen pater familias mit dem Effekt, dass nicht nur der Arrogierte und sein Vermögen, sondern auch dessen Gewaltunterworfene an den neuen Gewalthaber fielen.29 Sie war rituell-sakralrechtlicher Natur und erfolgte öffentlich in einem zweistufigen Verfahren aufgrund des anerkennenden Beschlusses der Gesamtsiedlung.30 Die jüngere Adoption im technischen Sinne reorganisierte die Gewaltverhältnisse eines Hauskindes. Es wechselte in einem besonderen Verfahren31 von einer patria potestas in die andere, verlor dabei die agnatische Verwandtschaft zu seiner Ursprungsfamilie und damit auch sein Intestaterbrecht.32

10Das tragende Element beider Adoptionsformen bestand in der dauerhaften Veränderung der agnatischen, also über das Gewaltverhältnis bestimmten, juristischen Relation zum pater familias, jener Figur an der Spitze des römischen Sozialverbandes familia, der die Sippe, die gens, repräsentierte und durch sie den gesamten Siedlungsverband.33 Adoption war in Rom keine Paarangelegenheit, sondern die einer Einzelperson, die freilich nicht für sich allein stand. Auch ging es nicht um die Neubegründung oder den Transfer einer Eltern-Kind-Beziehung, sondern eines von vornherein rechtlich-rituell angelegten Gewaltverhältnisses.

11Alt- und rechtshistorische Studien haben ein farbiges Bild von der Adoption in der sozialen Praxis von Republik und Prinzipat gezeichnet. 34 Bei aller Vielgestaltigkeit war die römische Adoption dabei niemals nur eine subsidiäre, sondern bis in die Spätantike hinein eine alternative Strategie der Familienorganisation, die sich beim Aufbau der Verwandtschaft als hoch flexibel erwies.35 Ein Mann konnte die Rechtsbeziehung zu seinem leiblichen Sohn durch Emanzipation abbrechen und eine neue durch Adoption begründen, ebenso wie es ihm möglich war, durch Scheidung und Wiederverheiratung die verschwägerte Personengruppe durch eine andere zu ersetzen.36 Das rechtlich-agnatische Band der Adoption war dem leiblich-kognatischen ebenbürtig; der Adoptierte stand zwar in locum filii37 oder nepotis loco,38 war aber weit davon entfernt, Ersatzkind oder Kind zweiter Klasse zu sein.39

12Philosophisch geborgen war diese Anschauung in der Trennung von Natur und Zivilisation in der Tradition der skeptischen Akademie und in der stoischen Anschauung, die das Verhältnis des historischen ius civile dem Recht ohne Anfang, dem ius naturale oder ius gentium, gegenüberstellte.40 Als Institut des ius strictum war die Adoption als Teil der bürgerlichen Ordnung gekennzeichnet, als zeitlich und räumlich verortbares Organisationselement des Stadtstaats Rom losgelöst von normativen Kategorien, die ihre Regelungsanliegen an den Lebensumständen von „natürlichen“ Menschen orientieren wollten.41

13Demgegenüber war der Imitationsgedanke in der Ausprägung des aristotelischen ars imitatur naturam-Satzes im römischen Adoptionsrecht lange ein latentes Phänomen.42 Er schien auf in der Frage nach der Zulässigkeit von Doppel- oder Mehrfachadoptionen, die zunehmend kritisch bewertet wurden, plures adrogare nisi ex iusta causa, wird Ulpian schreiben,43 und in der Problematik der Adoption trotz der Existenz leiblicher Kinder. Kinderlosigkeit war im Gegensatz zum griechischen Recht keine formale Voraussetzung einer römischen Adoption.44

14Weiter war der ars imitatur naturam-Gedanke präsent in Regelungen, die eine iusta causa adrogandi nur anerkannten, wenn eine leibliche Vaterschaft nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge möglich gewesen wäre. Adoptio enim in his personis locum habet in quibus etiam natura potest habere, liest man bei Javolen.45 Natürliche oder aufgrund von Krankheit oder Altersschwäche eingetretene Zeugungsunfähigkeit waren anerkannte Fälle;46 Kastraten schloss erst Justinian von der Adoption aus.47 Er war es auch, der den Altersunterschied zwischen Adoptierendem und Adoptiertem verbindlich auf achtzehn Jahre, die plena pubertas, festlegte, weil es „monströs“ sei, dass ein Jüngerer einen Älteren adoptiere, quia adoptio naturam imitatur.48 Das war der vorläufige Schlusspunkt unter eine lange Entwicklung. Die Frage des Altersunterschiedes kennzeichnete Gaius im 2. Jh. n. Chr. noch als streitig.49 Für die Republik des Jahres 57 v. Chr. wird man von keiner festen Altersgrenze ausgehen können. Denn die Arrogation von Ciceros Erzfeind Clodius durch den jüngeren Fonteius wurde für rechtsgültig befunden,50 mochte Cicero dagegen noch so sehr wettern.51

15Die Nachbildung der Generationenfolge im Altersabstand zwischen Adoptivvater und Adoptivkind geschah zu einer Zeit, als die rechtliche Verwandtschaft gegenüber der blutsmäßigen ihren legitimatorischen Vorsprung eingebüßt hatte. Zwar konnte man den moralischen Konflikt des Sohnes, der zwischen der Loyalität zu seinem leiblichen und rechtlichen Vater hin und hergerissen war, bereits früh in der rhetorischen Literatur besichtigen.52 Erst unter Justinian trug er jedoch juristische Früchte.53 Fortan, bestimmte er, werde der Adoptierte nicht mehr aus dem rechtlichen Band zur Ursprungsfamilie gelöst,54 weil es eine „schwachsinnige Sache“ sei, dass jemand an ein und demselben Tag noch der Sohn sei und gleich darauf das „göttliche Band des natürlichen Eltern-Kind-Verhältnisses durch einen willkürlichen Akt zerschnitten werde.“55 Der Angenommene erhielt grundsätzlich nur das Intestaterbrecht nach dem Adoptierenden; die Adoption wirkte also nur vermögensrechtlich.56 Das war die Geburt der adoptio minus plena, die seither der adoptio plena, der so genannten Volladoption, gegenübersteht.57 Es ist das Regelungsmodell, das man auch heute noch in Belgien und Frankreich findet.58

2. Mittelalter und Frühe Neuzeit

16Im Mittelalter kehrten sich die Vorzeichen weiter um. Die Adoption trat gegenüber der leiblichen Abstammung in den Hintergrund. Das fügte sich ein in das große Bild, das durch zwei Grundströmungen gekennzeichnet war. Erstens, den Einfluss der Kirche, die die Adoption – insoweit mit der jüdischen Kultur übereinstimmend59 – als menschliche Manipulation und Sünde ansah, dem ausgebliebenen göttlichen Kindersegen mit eigenen Mitteln abzuhelfen, Gott ins Handwerk zu pfuschen und die Kirche damit, so etwa der Kirchenvater Salvian im 5. Jh., um das Ihre zu betrügen.60 Die Attacke richtete sich vor allem gegen die erbrechtlichen Wirkungen der Adoption. Zweitens räumte die mittelalterliche Boden- und Eigentumsordnung im Lehnrecht das Nachfolgerecht ausschließlich leiblichen Söhnen ein. So bestimmte das langobardische Lehnrecht, das in weiten Teilen Europas als maßgeblich angesehen wurde: Adoptivus filius in feudum non succedit61. Die Einschränkung der Verfügungsfreiheit nahm der Schaffung einer rechtlichen Abstammungslinie die Attraktivität.

17Auch andere Fortsetzungsstrategien, die eine Adoption hätten als das Mittel der Wahl erscheinen lassen, passten nicht in die mittelalterliche Gesellschaft: Grab- und Trauerrituale waren in den Kult der Kirche integriert, Fürsorgemotive gegenüber bedürftigen Kindern reichten nicht aus, um das Institut in der Rechtsordnung stärker zu verankern. Ähnlich wirkte sich die zunehmende Betonung der ehelichen Abstammung aus, die allenfalls die Legitimation als rechtliche Korrektur der leiblichen Abstammung erlaubte.62

18Das Adoptionsrecht blieb als „Bücherweisheit“63 präsent, was nicht besagte, dass sie überhaupt nicht mehr praktiziert wurde.64 Auch gab es auf dem Gebiet des Vermögensrechts funktionale Surrogate, wie etwa die in den Stammesrechten verbürgte Affatomie.65 Am nächsten kam der Adoption die Einkindschaft und Morgengabskindschaft, die die Kinder aus früheren ehelichen Beziehungen einander anlässlich der Eheschließung der Eltern gleichstellten, als ob sie „in einer Mutter Leib gelegen hätten“.66 Die Stadtrechte bildeten diese Rechtspraxis ab und reagierten auf Missstände.67 Im Übrigen schwankten die gelehrten Juristen des Rezeptionszeitalters zwischen Akzeptanz und Ablehnung.68

19Methodisch wurden freilich aus dem Institut in der wissenschaftlichen Arbeit der mittelalterlichen Juristen Bolognas ganz eigene Funken geschlagen. Sie entwickelten daran das wirkungsmächtigste methodische Werkzeug, das wir Juristen kennen, die juristische Fiktion. „Fictio ergo imitatur naturam,“ schrieb Baldus, „ergo fictio habet locum, ubi potest habere locum veritas,“69 und „nota quod fictio naturae rationem atque stylum imitatur.“70 Damit greift die Jurisprudenz den aristotelischen ars imitatur naturam-Satz auf, der in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Deutungen zwischen Deskriptivität und Normativität oszillierte. Er ordnete menschliche Kreativität in heteronomer Abhängigkeit auf eine thomistisch verstandene Natur und deren Schöpfer hin.71 Gleichzeitig war dem Satz ein Moment des Verlusts metaphysischer Rückbindung menschlichen Schaffens und juristischen Denkens eigen.72

3. Natur- und Vernunftrechtzeitalter

a. Preußen

20Was die Adoption betrifft, trug diese Anschauung Früchte im natur- und vernunftrechtlichen Zeitalter - mit durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. Das soll hier am Adoptionsrecht des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 und dem französischen Code Civil von 1804 gezeigt werden.73 Letzterer verweigerte sich zunächst der Minderjährigenadoption ganz und offerierte stattdessen pragmatisch nur eine amtliche Pflegschaft, die tutelle officieuse.

21Das ALR enthielt das erste moderne Adoptionsrecht. Es konstruierte das Verhältnis zwischen Eltern und Adoptivkind als Familienvertrag.74 Das bedeutete, dass nicht mehr das Gewaltverhältnis zum Vater im Vordergrund stand, sondern gegenseitige Rechte und Pflichten.75 „Die „Gesetze,“ schrieb der federführende Redaktor Suarez, „haben diese Art Annahme als Kind zu dem Ende erfunden, damit Personen, die […] mit Kindern nicht gesegnet sind […], durch dieses Mittel sich den Trost […], welche das heilige Band zwischen Eltern und Kindern den Eltern […] gewährt, wenigstens in einigem Grade sollten verschaffen können.“76

22Die Adoption wurde damit konzeptionell zur Paarangelegenheit; Altersgrenzen und das Verbot der Annahme bei Existenz von ehelichen Kindern sollten die Ehe mit leiblichen Kindern nachschaffen. Freilich wurde diese nicht als Konkurrenz zur neuen rechtlichen verstanden; jene hat sogar ein Übergewicht, weil die Rechtsbande zu ihr bestehen blieben,77 solche zur annehmenden Familie aber nur begründeten, wenn ein „besonderer Familienvertrag“78 geschlossen wurde. Das Recht half der Natur gleichsam nach, perfektionierte sie und ergänzte die natürlichen um soziale Beziehungen, wenn das nötig und vertraglich gewollt war. Das ist die Position des Vernunftrechts zur Adoption, die Kleist im „Findling“ attackierte.79

b. Frankreich

23Die Vorstellung prägte auch den Rechtsdiskurs im nachrevolutionären Frankreich, das unmittelbar nach 1789 mit der Adoption als Mittel zur Herstellung von Wahlverwandtschaften geliebäugelt hatte.80 Der französische Jurist und Staatsmann Cambacérès betonte die gesellschaftlichen Vorzüge der Adoption „pour multiplier les familles“81. „L’adoption augmente les relations par les sentiments et ajoute un lien de plus à la société.“82 Auch der Gedanke einer „consolation des mariages stériles“83 war präsent und wurde von Napoléon selbst zunächst gut geheißen.

24Dann kam der Sinneswandel. Ab dem fünften Entwurf des Code Civil war die Annahme eines Minderjährigen nicht mehr enthalten, sondern nur eine an enge Voraussetzungen geknüpfte Volljährigenadoption.84 Die Gesetzgebungskommission hatte sich gegen die Aufnahme entschieden und folgende Gründe angegeben: Die Adoption sei in der französischen Rechtstradition ein Fremdkörper, sie nütze dem Gemeinwohl nicht und zur Verwirklichung ihrer sozialen Funktion sei sie nicht notwendig. Man unterstellte dem Adoptivvater materialistische Motive und befürchtete, dass leibliche Kinder gegenüber den adoptierten, den Kindern der Wahl, erbrechtlich das Nachsehen hätten.85

25Der Code civil enthielt sich nicht nur jedes revolutionären Adoptionspathos, er ließ bloß die Fassade eines Adoptionsrechts stehen und konstruierte mit den Mitteln des Rechts die leibliche Familie primär als vermögensrechtliche Nutzgemeinschaft unter der Herrschaft des Vaters.86 Dabei verstand man sich zu einer rein positivistischen Anschauung. Alle Adoptionen, die während der Revolutionszeit vorgenommen worden waren, wurden in ihrer Rechtswirksamkeit bestätigt. Begründung: „L’adoption est une institution purement légale; elle est entièrement régié par la volonté du législatur, nullement par les lois de la nature.“87

4. Bürgerliches Zeitalter

26Die Position der bürgerlichen Kodifikationen war das zunächst nicht. Sowohl das deutsche BGB als auch das schweizerische ZGB88 bestanden ursprünglich auf dem nur subsidiären Charakter der Adoption,89 der so genannten Annahme an Kindesstatt, und folgten strukturell dem preußischen Konzept der adoptio minus plena auf Vertragsbasis. „Wie der Angenommene nicht in die Familie des Annehmenden eintritt“, liest man in den Motiven zum BGB, „so hört er andererseits nicht auf Mitglied seiner natürlichen Familie zu sein. Das Gegentheil würde dem Zweck der Annahme, welche dem Angenommenen Vortheile, aber keine Nachteile bringen soll, und der natürlichen Grundlage der familienrechtlichen Beziehungen nicht entsprechen“90.

27Das BGB begriff Verwandtschaft als eheliche oder nicht eheliche Blutsverwandtschaft91 und unternahm zur Nachbildung des Vorbilds der leiblichen Familie die aus dem ALR bekannten Anstrengungen. Die Adoption war erstens ausgeschlossen, wenn leibliche eheliche Kinder vorhanden waren,92 nicht aber bei der Existenz (eigener) nicht ehelicher.93 Zweitens musste der Altersunterschied zwischen Adoptierendem und Adoptierten orientiert am Ehemündigkeitsalter mindestens achtzehn Jahre betragen und der Annehmende das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben, „davon ausgehend (abermals Motive) dass in diesem Jahr die Zeugungskraft, wenn auch nicht aufgehoben, doch geschwächt und die Wahrscheinlichkeit der Erzielung eigener Kinder auf dem Wege der ehelichen Zeugung geringer geworden ist“94.

28An der Kinderlosigkeit des Annehmenden in der Ehe hat das BGB in der Folgezeit nicht festgehalten.95 Ebenso fiel der fixe Altersunterschied von achtzehn Jahren,96 auch wenn man ihn nachwievor für selbstverständlich hielt, weil nur er dem „natürlichen“ Eltern-Kind-Verhältnis entspreche.97 Das Adoptionsgesetz von 1976, das unser heutiges Adoptionsrecht grundlegte,98 kehrte dem Vertragsmodell den Rücken. Es unterschied erstmals zwischen der Volljährigen- und der Minderjährigenadoption. Letztere situierte es nicht mehr als Institut im Interesse der Annehmenden, sondern im Interesse des Angenommenen. Das formelle Gewaltverhältnis zum Vater war durch eine materiale Eltern-Kind-Beziehung ersetzt worden.

III. Adoptio naturam imitatur in dogmatischem Kontext

1. Minderjährigenadoption

29Damit ist die Darstellung wieder bei den Grenzfragen der Adoption in der Gegenwart angelangt. Sie legen Zeugnis davon ab, wie die Vergangenheit des Rechts auf dessen Gegenwart einwirkt, in dem ältere Konzepte mit jüngeren in Konflikt geraten, zum Beispiel die Vorstellung von der Nachbildung der leiblichen Familie in der rechtlichen mit dem Kindeswohlinteresse. Dieser Konflikt rührt an die Grundfesten der Adoption und aktualisiert einmal mehr das alte Unbehagen mit dem Institut, das Rainer Frank in der Frage „Brauchen wir die Adoption?“ zum Ausdruck gebracht hat.99 Die Grenzfragen beschäftigen im Übrigen auch den europäischen Vereinheitlichungsdiskurs.100 Zum Abschluss sollen sie in drei Punkten der aktuellen Diskussion zusammengefasst werden. Sie verweisen zugleich auf die Reformbedürftigkeit des deutschen Adoptionsrechts.

30Der erste betrifft den Übergang des deutschen Rechts von der adoptio minus plena zur Volladoption im Bereich der Minderjährigen. Die volle statusrechtliche Integration in die Adoptivfamilie stellte die regelhafte Situation eines leiblichen ehelichen Kindes nach - eine Änderung, die 1976 noch uneingeschränkt als „Fortschritt“ bewertet wurde, weil sie die rechtliche „Zwitterstellung“ des Kindes beendete.101 Sie ist der Rechtssicherheit sicher zuträglich, ob sie dem Kindeswohl entspricht, daran hat man heute berechtigte Zweifel.102

31Zwar ist der Abbruch tatsächlicher Beziehungen zur Ursprungsfamilie keine juristische Adoptionsvoraussetzung. Faktisch wird er jedoch durch den Grundsatz der Inkognitoadoption herbeigeführt, der in Europa immer noch Leitbildcharakter hat.103 Das Geheimnis der Herkunft eines adoptierten Kindes,104 stürzt, wie moderne sozialwissenschaftliche Erkenntnisse lehren, das Kind in Identitätskonflikte.105 In Deutschland ist das Inkognito einseitig ausgestaltet.106 Die leiblichen Eltern kennen die Adoptiveltern nicht, wohl aber umgekehrt. Über die Zweckmäßigkeit dieses Modells wird seit längerem nachgedacht.107 Rechtlich handelt es sich um eine niedrigere Gewichtung des Interesses der Erzeuger auf Geheimhaltung ihrer Identität gegenüber dem Interesse des Kindes auf Kenntnis seiner eigenen Abstammung. Diese Abwägung steht den Mitgliedsstaaten nach Art. 22(3) des schon erwähnten Europäischen Übereinkommens offen.108 Die Adoptionspraxis ist in Deutschland seit längerem zu Formen der offenen oder halboffenen Adoption übergegangen.109

2. Stiefkindadoption als besonderer Fall

32Der zweite Aspekt betrifft die Stiefkindadoption.110 Sie ist, obwohl im BGB nur punktuell geregelt, praktisch der häufigste Fall der Minderjährigenadoption.111 Dabei ist der annehmende Elternteil zumindest ebenso stark gegenüber dem Partner, dem so genannten internen Elternteil, motiviert wie gegenüber dem Kind. Das Bestreben durch die Adoption, die Stief- in eine „normale“ Kernfamilie umzuwandeln, was zwingend den Ausschluss des externen Elternteils voraussetzt, ist das Agens vieler Adoptionen. 112

33Es wird dann problematisch, wenn die Beziehung der Stiefeltern zerbricht, das rechtliche Eltern-Kind-Verhältnis zum annehmenden Teil aber fortbesteht und bis auf wenige Ausnahmen unaufhebbar ist.113 Es gibt Länder, die die Stiefkindadoption von Gesetzes wegen erschwert haben.114 In Deutschland gibt es immerhin eine Rechtsprechung, die die Anforderungen an die Ersetzung der Einwilligung des abgebenden Elternteils zur Adoption erhöht hat.115 Danach kann nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Annahme durch das Stiefelternteil dem Kindeswohl regelmäßig dient.116 Die soziale Beziehung zum leiblichen Elternteil erfährt, so eine besteht, eine rechtliche Aufwertung.117 Für lesbische Partnerschaften kann die Stiefkindadoption freilich dann eine gute Lösung sein, wenn es sich um ein Inseminationskind handelt.118

3. Volljährigenadoption

34Nicht glaubhaft ist der adoptio naturam imitatur-Satz schließlich bei der Annahme von Volljährigen. Die Fälle der Namens119- und Steueradoptionen120 füllen die Klatschspalten. Dennoch ist der Imitationsgedanke in der Missbrauchskontrolle des Kriteriums der „sittlichen Rechtfertigung“ im Sinne von § 1769 Abs. 1 BGB präsent.121 Die Rechtsprechung setzt es mit einer bestehenden oder objektiv zu erwartenden Eltern-Kind-Beziehung gleich. Muscheler hat das Kriterium zu Recht als „Verlegenheitsbegriff“122 bezeichnet und überzeugend dafür plädiert, „die gekünstelte, unfruchtbare und zu Widersprüchen führende Imitiation des Eltern-Kind-Verhältnisses (bei der Volljährigenadoption) einzustellen“123. De lege ferenda will er die Rechtsfolgen der Adoption demjenigen eröffnen, der sie haben möchte.124

IV. Fazit

35Das alles spricht nicht gegen die Adoption an sich,125 wohl aber gegen die krampfhafte Nachahmung eines als „natürlich“ beschriebenen, aber stets normativ aufgeladenen Leitbilds. Richtigerweise sollte sie aufgegeben werden. So plant etwa das Bundesministerium für Justiz, die Höchstaltersgrenze für Adoptionsbewerber zu flexibilisieren.126 Damit befindet es sich in guter Gesellschaft. Im Hinblick auf die sukzessive Stiefkindadoption der Partnerin einer eingetragenen Lebenspartnerschaft hat das BVerfG 2009 obiter bemerkt, der leiblichen Elternschaft gebühre gegenüber der rechtlichen und sozial-familiären Elternschaft nicht der Vorrang.127 Rechtliche Filiation wird der leiblichen als gleichwertig gleichgestellt.128

36Man kann daher die Prognose wagen, dass das Verbot der sukzessiven Stiefkindadoption für eingetragene Lebenspartner zeitnah fallen wird.129 Das bedeutet nicht den Untergang des christlichen Abendlandes, sondern nur eine Uminterpretation des Adoptionskonzepts.130 Davon gab es schon viele. Man muss vor ihnen, entgegen Kleist, keine Angst haben, vorausgesetzt, man nähert sich der Problematik historisch und dogmatisch aufgeklärt.

Notes
1. Die Stadt Ragusa führte zur Eindämmung der Pest als erste die Institution der „Quarantäne“ (von italienisch „quaranta“ = vierzig) ein, eine vierzigtägige Internierungsfrist für Reisende und Waren, die unter dem Verdacht standen, erkrankt zu sein. S. http://www.gesundheitsamt.de/alle/seuche/infekt/bakt/pest/sg.htm#Lazarett%20und%20Qurant%C3%A4ne [Abruf am 21. Februar 2012]). Zur Pest in Ragusa/Dubrovnik s. des Weiteren M. Erstić, Pest und Ragusa in Heinrich von Kleists Novelle Der Findling, in: Zagreber Germanistische Beiträge 16 (2007), S. 29-47, hier S. 37 mwNw. in Anm. 42.
2. J. Schröder, Kleists Novelle „Der Findling“. Ein Plädoyer für Nicolo, in: I. Kording/A. P. Knittel, Heinrich von Kleist. Neue Wege der Forschung, Darmstadt 2003, S. 40-58, hier S. 46.
3. Ein Anagramm des Namens Nicolo. Zu diesem und anderen literarischen Wortspielen H. Werner, Kleist – Für eine Literatur des Wortspiels. Zur Kalauer-Novelle Der Findling, in: B. Schaller-Fornoff/R. Fornoff (Hg.), Kleist. Relektüren, Dresden 2011, S. 79-92, hier S. 82-86.
4. H. von Kleist, Sämtliche Werke und Briefe, München 2001, S. 199-215.
5. F. Dürrenmatt, Die Physiker. Eine Komödie in zwei Akten. 21 Punkte zu den Physikern, Punkt 3, Oxford 1965, S. XXIX.
6. D. Giuriato, in: K. Müller-Wille/D. Roth/J. Wiesel (Hg.), Wunsch-Maschine-Wiederholung, Freiburg 2001, S. 245-257, hier S. 249.
7. Schröder (Anm. 2), S. 43.
8. K. Larenz/C.-W. Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. Heidelberg 1995, S. 83.
9. Dazu bereits T. Ziolkowski, The Mirror of Justice, Princeton 1997, S. 20; H.-J. Becker, in: H. J. Kreuzer (Hg.), Adoption – Verlöbnis – Ehe. Die zivilrechtliche Einbindung des Individuums bei Kleist, in: Kleist-Jahrbuch 1993, Stuttgart, Weimar 1993, S. 75, hier S. 85-88. S. auch P. Dettmering, Die Adoptionsphantasie. „Adoption“ als Fiktion und Realität, Würzburg 1994; des Weiteren M. Novy, Reading Adoption. Family and Difference in Fiction and Drama, Ann Arbor 2005.
10. Etwa Lessings zur Adoption der Recha in dem Schauspiel „Nathan der Weise“ von 1779. Dazu H. J. Schneider, Lebenstatsachen. Geburt und Adoption bei Lessing und Kleist, http://www.uni-bonn.de/~hschneid/Kleist_facts_Jahrbuch.pdf (Abruf am 22. Februar 2012).
11. Bereits in den Motiven (B. Mugdan [Hg.], Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. 4, Berlin 1899, S. 511), ist festgehalten, dass die Annahme eines Kindes als gemeinschaftliches Kind durch ein Ehepaar der „Hauptfall“ sein, in welchem vom Institute (der Adoption; Einf. nicht im Original) Gebrauch gemacht wird.“ Er wird ausdrücklich mit der adoptio naturam imitatur-Regel gerechtfertigt: „Andererseits folgt aus dem Grundsatze, dass das durch die Annahme zu begründende Verhältnis der Natur nachgebildet werden soll, das nur Gatten eine Person als gemeinschaftliches Kind annehmen können; denn niemand kann das eheliche Kind mehrerer Personen sein, sofern die letzteren nicht miteinander in der Ehe leben oder gelebt haben.“ Der Reformgesetzgeber des Jahres 1976, der dem Adoptionsrecht im Wesentlichen seine heutige Gestalt gab, bekannte sich weiterhin zu diesem Konzept als „Regelfall“. Dazu H. Engler, Der Entwurf eines Gesetzes über die Annahme als Kind, FamRZ 1975, S. 125-138, hier S. 127.
12. V. 21.12.2011, BT-Drs. 17/8248, S. 5. Zur Genese der Vorschrift W. Staudinger/R. Frank, BGB, Bd. 4: §§ 1741-1772, Berlin 2007, § 1742 Rn. 2-5.
13. Nw. bei OLG Hamm FamRZ 2010, S. 1259-1260, hier S. 1260 mit Anm. R. Frank, in: ZKJ 2010, S. 197-198, hier S. 198; des Weiteren M. Wellenhofer, Das neue Recht für eingetragene Lebenspartnerschaften, in: NJW 2005, S. 705-709, hier S. 706. Abweichend („Kind“ in § 9 Abs. 7 LPartG meine dem Wortlaut nach auch „angenommenes Kind“) H. Grziwotz, Rechtsprechungsübersicht zur eingetragenen Lebenspartnerschaft, in: FamRZ 2012, S. 261-267, hier S. 265; Ders., Gleichstellung der Lebenspartnerschaft nach dem Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts – Beratung und Gestaltungsprobleme, DNotZ 2005, S. 13-28, hier S. 25; G. Müller, in: dies./R. Sieghörtner/N. Emmerling de Oliveira, Adoptionsrecht in der Praxis, 2. Aufl., Bielefeld 2011, Rn. 36 f.; H.-J. v. Dickhut-Harrach, Das Lebenspartnerschaftsrecht Version 2005, in: FPR 2005, S. 273-279, hier S. 276. Zur Problematik der Adoption eines leiblichen Kindes des eingetragenen Lebenspartners aus einer vorangegangenen heterosexuellen Beziehung N. Dethloff, in: Adoption und Sorgerecht - Problembereiche für die eingetragenen Lebenspartner, in: FPR 2010, S. 208-210, hier S. 209.
14. OLG Hamburg FamRZ 2011, S. 1312-1315; mit Anm. K. Hilbig, FamRZ 2011, S. 1315-1316.
15. OLG Hamm (Anm. 13); mit Anm. H. Grziwotz, FamRZ 2010, S. 1260-1261; mit Anm. G. Müller, DNotZ 2010, S. 701-703.
16. Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen v. 21.04.2010, BT-Drs. 17/1429. Dazu J. Henkel, Fällt nun das „Fremdkinderadoptionsverbot“?, in: NJW 2011, S. 259-264, hier S. 259. Ähnlich bereits ein Gesetzentwurf der Fraktion der FDP aus der 16. Wahlperiode v. 23. 4.2008, BT-Drs. 16/8875, S. 3-4.
17. Art. 7 (2) des Europäischen Übereinkommens über die Adoption von Kindern (revidiert), SEV Nr. 202 vom 27.11.2008, http://conventions.coe.int/Treaty/EN/Treaties/Html/202.htm (Abruf am 24.2.2012): “States are free to extend the scope of this Convention to same sex couples who are married to each other or who have entered into a registered partnership together. They are also free to extend the scope of this Convention to different sex couples and same sex couples who are living together in a stable relationship.” Das Abkommen von 1968, SEV-Nr. 058 v, 24,4,67, http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/058.htm (Abruf am 24.2.2012) ratifiziert von der Bundesrepublik im G. v. 25.8.1990 zum Übereinkommen vom 24.4.1967, BGBl. II, 1093) ließ die gemeinschaftliche Adoption nur für verheiratete Personen zu. Schweden hatte das Übereinkommen im Jahre 2002 gekündigt, weil es mit dem nationalen Adoptionsrecht von eingetragenen Lebenspartnern kollidierte (T. Hoppe, Ein Kind seiner Zeit – Lebenspartnerschaft und Adoption, in: StAZ 2010, S. 107-110, hier S. 110). Zum gemischten rechtsvergleichenden Befund der gemeinsamen Fremdkindadoption von homosexuellen Partnern in Europa, seien sie nun faktisch zusammenlebend, verpartnert oder verheiratet R. Frank, ZKJ 2010 (Anm. 13), S. 198; J. Pätzold, Die gemeinschaftliche Adoption Minderjähriger durch eingetragene Lebenspartner, Hamburg 2006, S. 187 ff.; dies., Die gemeinschaftliche Adoption Minderjähriger durch eingetragene Lebenspartner, FPR 2005, S. 269-273, hier S. 271-273; N. Dethloff, Kindschaftsrecht des 21. Jahrhunderts, in: ZKJ 2009, S. 141-147, hier S.146; dies., Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare, in: ZRP 2004, S. 195-200, hier: S. 197 (Stiefkind-), S. 199 (gemeinsame Adoption); I. Sumner, Legal Position of Same-sex couples in English Law, in: K. Boele-Woelki/A. Fuchs (Hg.), Legal Recognition of Same-Sex Couples in Europe, Antwerpen, Oxford, New York 2003, S. 110 f. Der EGMR hat zu dieser Adoptionsform am 15. 3. 2012 Stellung genommen (Rs. fas und Dubois/Frankreich, Nr. 25951/07). Zwei weitere Entscheidungen betrafen die (Genehmigung der) Einzeladoption durch zwei in faktischer homosexueller Partnerschaft lebenden Personen. Homosexualität per se ist hiernach kein Grund, die Adoption oder Genehmigung zur Adoption zu verweigern (EGMR NJW 2009, S. 3637-3641; FamRZ 2003, S. 149-151). S. auch J. Ferrer i Riba, Artikel „Adoption“, in: J. Basedow/K. J. Hopt/R. Zimmermann (Hg.), Handwörterbuch des europäischen Privatrechts, Bd. 1, Tübingen 2009, Artikel Adoption, S. 17-22, hier S. 20.
18. Henkel, „Fremdkinderadoptionsverbot“, (Anm. 16) S. 263 f.; T. Hoppe, Ausarbeitung WD 3- 060/10 der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften: gemeinschaftliche Adoption eines fremden Kindes, http://www.volkerbeck.de/cms/files/LebPart_Adoption_WD_022010.pdf (Abruf am 24.2.2012), S. 5-6, mwNw; ders ., Kind seiner Zeit (Anm. 17), S. 108 f., zur gemeinschaftlichen Fremdkindadoption; K. Grehl, Das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, Hamburg 2008, S. 35 ff. (Stiefkind-); S. 147 ff. (gemeinsame Adoption); K. Tillmanns, Die Adoption durch die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, in: T. Helms/J. M. Zeppernick (Hg.), Lebendiges Familienrecht, Festschrift für Rainer Frank, Frankfurt am Main 2008, S. 271-280, hier S. 275-279; P. Dopffel/H. Kötz/J. M. Scherpe, Rechtsvergleichende Gesamtwürdigung und Empfehlungen, in: J. Basedow/K. J. Hopt/dies. (Hg.), Die Rechtsstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften, S. 391-429, hier S. 408 f. mwNw., nennen drei Argumente, die gegen die Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner vorgebracht werden: Beeinflussung der sexuellen Orientierung des Kindes; schädlicher Einfluss des Erziehungsverhaltens auf das Kind; Diskriminierungsverhalten Gleichaltriger. Die im Auftrag des BMJ erstellte Studie von M. Rupp (Hg.), Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, Köln 2009, hat diese Befürchtungen nicht bestätigt.
19. W. Kanther, Die „neue soziale Familie“ oder zur Verfassungswidrigkeit von § 9 LPartG, NJW 2003, S. 797-798, hier S. 798, zum Sorgerecht von eingetragenen Lebenspartnern.
20. Aus verfassungsrechtlicher Sicht K. F. Gärditz, Gemeinsames Adoptionsrecht Eingetragener Lebenspartner als Verfassungsgebot?, JZ 2011, S. 930-939, hier S. 931; ders., Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptionsrechts, http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/11_LebenspartnerschaftsG/04_Stellungnahmen/Stellungnahme_G__rditz.pdf, S. 3 (Abruf am 24.2.2012); s. auch M. Jestaedt, Elternschaft und Elternverantwortung unter dem Grundgesetz. Die Stiefkindadoption in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften als Probierstein, in: M.-E. Geis/D. C. Umbach (Hg.), Planung-Steuerung-Kontrolle. Festschrift für Richard Bartlsperger zum 70. Geburtstag, Berlin 2006, S. 79-98, hier S. 88 ff., 96 f.; A. Schlüter, Die erbrechtliche Stellung eines Kindes nach Adoption durch den anderen Lebenspartner einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft aus verfassungsrechtlicher Sicht, FF 2005, S. 234-238, hier S. 234 – Das „natürliche Recht“ in Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG greift eine Formulierung aus Art. 120 WRV auf und wird nicht als naturrechtliches Residuum verstanden. Dazu P. Badura, in: T. Maunz/G. Dürig/R. Herzog (Hg.), Grundgesetz. Kommentar, Lieferung 44: Februar 2005, Art. 6 Rn. 91; R. Gröschner, in: H. Dreier (Hg.), Grundgesetz. Kommentar, Bd. 1, Tübingen 1996, Art. 6 Rn. 66; A. Schmitt-Kammler/C. v. Coelln, in: M. Sachs (Hg.), Grundgesetz. Kommentar, 5. Aufl. 2009, Art. 6 Rn. 46.
21. OLG Hamm FamRZ 2010, (Anm. 13), S. 1260.
22. B. Verschraegen, Kleiner Streifzug durch das österreichische Adoptionsrecht in: S. Hofer/D. Klippel/U. Walter (Hg.), Perspektiven des Familienrechts. Festschrift für Dieter Schwab, Bielefeld 2005, S. 1481-1500, hier S. 1483, in Bezug auf das österreichische Recht.
23. So tatsächlich unter Berufung auf den adoptio naturam imitatur-Satz A. E. Wächtler, Die politische Forderung nach der „gleichgeschlechtlichen Ehe“ und deren rechtliche Umsetzung in deutsches Recht – mit Berücksichtigung ausländischer Rechtsentwicklungen, Diss. Frankfurt am Main 2000, S. 114 ff.
24. BVerfG, JZ 2010, S. 37-41 mit Anm. C. Hillgruber, JZ 2010, S. 41-44.
25. H. Grziwotz, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Lebenspartnerschaftsgesetzes und anderer Gesetze im Bereich des Adoptivrechts, BT-Drucksache 17/1429, http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a06/anhoerungen/archiv/11_LebenspartnerschaftsG/04_Stellungnahmen/Stellungnahme_Grziwotz.pdf (Abruf am 3.3.2012; Hervorhebung nicht im Original).
26. “Adoption ,shows’ what kinship is supposed to be”. Zitiert nach J. G. Rebollo, Parentesco y adopción. Adoptio naturam imitatur. Nature vs nurture?, in: quaderns-e 2004, http://www.antropologia.cat/antiga/quaderns-e/03/03_02.htm (Abruf am 3.3.2012).
27. C. Kunst, Römische Adoption. Zur Strategie einer Familienorganisation, Hennef 2005, S. 31: „Komparatives Material zur vormodernen Adoption indiziert, dass die von einer Gesellschaft kolportierte Auffassung von Adoption ihre Vorstellung spiegelt, wie Familie auszusehen hat. Das veranschaulicht auch die gegenwärtige Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland über das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften. Konflikte im adoptiven Bereich können somit auch gesellschaftliche Konfliktfelder aufdecken.“
28. E. C. Stone/D. I. Owen (Hg.), Adoption in Old Babylonian Nippur and the Archive of Mannum-mešu-lişşur, Winona Lake 1991; M. David, Die Adoption im altbabylonischen Recht, Leipzig 1927; L. Rubinstein, Adoptio in IV. Century Athens, Kopenhagen 1993; S. Stohlmann, Real adoption at Nuzi, Diss. Brandeis University/U.S. 1971.
29. Gai. D. 1.7.2.2 (1 inst.); Gai. 1.107; M. Kaser, Das römische Privatrecht. Erster Abschnitt, München 1971, S. 66 m. Anm. 13.
30. Gell. 5.19.6-9. Kunst, Römische Adoption (Anm. 27), S. 16 ff., mwNw.
31. T. Bühler, Die Annahme an Kindes statt in der schriftlosen Gesellschaft des antiken Rom und des Mittelalters, in: C. Schott/E. Petrig Schuler (Hg.), Festschrift für Claudio Soliva zum 65. Geburtstag, Zürich 1994, S. 21-30, hier S. 22-24.
32. Kaser, Das römische Privatrecht (Anm. 29), S. 68.
33. O. Behrends, Das Vindikationsmodell als „grundrechtliches“ System der ältesten römischen Siedlungsorganisation, in: ders./M. Dießelhorst (Hg.), Libertas. Grundrechtliche und rechtsstaatliche Gewährungen in Antike und Gegenwart. Symposion aus Anlass des 80. Geburtstages von Franz Wieacker, Ebelsbach 1991, S. 1-60, hier S. 6: Gens als Verbandsform, die „da endogam nicht auf Blutsverwandtschaft beruhte, sondern vielmehr […] auf der Nachformung der Verwandtschaftsidee (Hervorhebung nicht im Original).“
34. Aus der alten Geschichte H. Lindsay, Adoption in the Roman World, Cambridge 2009; Kunst, Römische Adoption (Anm. 27); J. F. Gardner, Family and Familia in Roman Law and Life, Oxford 1998; M. Corbier, Constructing Kinship in Rome. Marriage and Divorce, Filiation and Adoption, in: I. Kertzer/P. Saller (Hg.), The family in Italy from Antiquity to the Present, New Haven London 1991, S. 127-144; aus der Rechtsgeschichte C. Schott, Kindesannahme – Adoption – Wahlverwandtschaft. Rechtsgeschichte und Rechtsgeschichten, Frankfurt am Main 2009, S. 76-107; C. Russo Ruggeri, La datio in adoptionem, Bd 1: Origine, regime giuridico e riflessi politico-sociali in età repubblicana ed imperiale, Milano 1990, Bd. 2: Dalla pretesa influenza ellleno-cristiana alla riforma giustinianea, Milano 1995; R. Knütel, Zur Adoption im römischen Recht, in: H. F. Gaul (Hg.), Familienrecht in Geschichte und Gegenwart. Symposium aus Anlass des 80. Geburtstages von Friedrich Wilhelm Bosch am 2. Dezember 1991, Bielefeld, S. 3-21; M. Kuryłowicz, Die Adoptio im klassischen römischen Recht, Warschau 1981. Des Weiteren C. Neukirchen, Die rechtshistorische Entwicklung der Adoption, Frankfurt am Main, 2005, S. 3-52.
35. Kunst, Römische Adoption (Anm. 27), S. 299 und passim. Des Weiteren Knütel, Zur Adoption (Anm. 34), S. 11: „Aus heutiger Sicht geradezu atemberaubendes Maß privatautonomer ‚Familiengestaltung‘“.
36. J. Goody, Geschichte der Familie, München 2002, S. 47.
37. Ulp. D. 1.7.22.2 (26 ad Sab.): in locum filii.
38. Ulp D. 1.7.22.2 (26 ad Sab.): in locum nepotis . Ausdruck eines fiktiven Rechtsdenkens ist das nicht. Dazu F. Roumy, L’adoption dans le droit savant du XIIe au XVIe siècle, Paris 1998, S. 122: „S’il est evident que ces derniers termes n’impliquaient aucunement, en droit classique, le recours à la fiction mais servaient seulement à indiquer précisément le degré génealogique dans lequel était placé le nouveau venu dans la famille adoptive, les formules tanquam, loco, in locum, faisaient cependant ressortir très nettement l‘“artificialité“ du droit.“
39. Kunst, Römische Adoption (Anm. 27), S. 294.
40. O. Behrends, Institut und Prinzip. Siedlungsgeschichtliche Grundlagen, philosophische Einflüsse und das Fortwirken der beiden republikanischen Konzeptionen in den kaiserzeitlichen Rechtsschulen. Ausgewählte Aufsätze, Bd. 1, Göttingen 2004, S. 43 f.
41. Behrends, Institut und Prinzip (Anm. 40), S. 151 f.
42. Kunst, Römische Adoption (Anm. 27), S. 298. Freilich war der Gedanke in der Antike als geflügeltes Wort präsent: S. Büttner, Antike Ästhetik. Eine Einführung in die Prinzipien des Schönen, München 2006, S. 62.
43. Ulp. D. 1.17.15.3 (26 ad Sab.).
44. C. 6.55.5 (293 n. Chr.): […] Cum filiis naturalibus adoptivi patris […] defuncto succedere potes. S. des Weiteren den Text von Paul. D. 38.17.7 (l. sing. Ad Sc. Tertul.et Orph.), in dem die leibliche Mutter eines verstorbenen Sohnes und dessen Geschwister aus der Adoptivfamilie um das Erbe streiten. Dazu Kuryłowicz, Die Adoptio (Anm. 34), S. 79-81.
45. Iav. D. 1.7.16 (26 l. ex Cassio).
46. Gai. 1.103 (hi, qui generare non possunt); Ulp. D. 1.7.15.2 (26 ad Sab.) (nisi forte morbus aut valetudo in causa sit aut alia iusta causa adrogandi); Mod. D. 1.7.40.2 (1 diff.) (spado adrogando suum heredem sibi adsciscere potest nec ei corporale vitium impedimento est); Gai. ep. 1,5 pr (adoptio naturae similitudo est […]). Dazu Russo Ruggeri, La datio (Anm. 34), S. 293 ff.
47. Inst. 1.11.9: Sed et illud utriusque adoptionis commune est, quod et hi, qui generare non possunt, quales sunt spadones, adoptare possunt, castrati autem non possunt.
48. Inst. 1.11.4: Minorem natu non posse maiorem adoptare placet: adoption enim naturam imitatur et pro monstro est, ut maior sit filius quam ptater. Debet itaque is, qui sibi per adrogationem vel adoptionem filium facit, plena pubertate, id est decem et octo annis praecedere. Des Weiteren Ulp. D. 1.7.15.3 (26 ad Sab.): Item non debet quis plures adrogare nisi ex iusta causa, sed nec libertum alienum, nec maiorem minor. Das alte Mündigkeits- und Heiratsalter betrug siebzehn Jahre (Gell. 5.19.7; 10.28.1). Es wurde für die Adoption wegen der Schwangerschaftszeit um ein Jahr erweitert (Mod. D. 1.7.40.2). Zur plena pubertas Knütel, Zur Adoption (Anm. 34), S. 4 f.
49. Gai. 1.106: Sed et illa quaestio, an minor natu maiorem natu adoptare possit, utriusque adoptionis communis est. Dazu Knütel, Zur Adoption (Anm. 34), S. 6.
50. Sueton, Tib. 2.4.
51. Cic. De domo 14.36: ut haec simulata adoptio filii quam maxime veritatem illam suscipiendorum liberorum imitata esse videatur. Dazu Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 83 ff.; Neukirchen, Die rechtshistorische Entwicklung (Anm. 34), S. 46 ff.; Knütel, Zur Adoption (Anm. 34), S. 6 f.; Kuryłowicz, Zur Adoptio (Anm. 34), S. 84 f.; F. Schulz, Classical Roman Law, Oxford 1951, S. 145.
52. Etwa Sen. Contr. 2.4; Calp. Flac. 30. Dazu Kunst, Römische Adoption (Anm. 27), S. 274. Des Weiteren I. Kroppenberg, Ungehorsame Söhne und enttäuschte Väter? - Juristische und rhetorische Autoritätsdiskurse in den declamationes Romanorum der römischen Prinzipatszeit, in: A. Blöbaum /T. Hansberger/C. Reitzenstein-Ronning (Hg.), Norm und Narration in antiken Gesellschaften, Berlin 2012, im Erscheinen.
53. Zur Entwicklung des Instituts in der nachklassischen Zeit M. Kuryłowicz, Zur nachklassischen Adoption, in: M. J. Schermaier/Z. Végh (Hg.), Ars boni et aequi, Stuttgart 1993, S. 187-201.
54. Inst. 1.11.2: Sed hodie ex nostra constitutione, cum filius familias a patre naturali extraneae personae in adoptionem datur, iura potestatis naturalis patris minime dissolvuntur nec quicquam ad patrem adoptivum transit nec in potestate eius est, licet ab intestato iura successionis ei a nobis tributa sunt. Dazu Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 96.
55. C. 8.47.10: Cum enim tanta fragilitas est adoptionis, ut possit in ipso die et filius fieri et extraneus per emancipationem inveniri, quis patiatur iura patris naturalis nexu divino copulata ludibrio defraudari, cum in hoc casu et contradicendi filio ex iure vetere datur licentia et invitus transire ad aliam familiam non cogitur. Dazu Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 96.
56. S. Anm. 54 a. E.
57. M. Kuryłowicz, „Adoptio plena“ und „minus plena“, Labeo 25 (1979), S. 163-182; Roumy (Anm. 38), S. 88.
58. Ferrer i Riba, Artikel „Adoption“ (Anm. 17), S. 18, für Frankreich.
59. Behrends, Institut und Prinzip (Anm. 40), S. 375 Anm. 16 mwNw.
60. Ad ecclesiam (Contra avaritiam) III. 2. und 4. Dazu J. Goody, Die Entwicklung von Ehe und Familie in Europa, Berlin 1986, S. 113 f.; ders. (Anm. 36), S. 25.
61. Libri feudorum II.16.9 und 11. Text: K. A. Eckhardt (Hg.), Consuetudines feudorum, Aalen 1971. Zur Quelle Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 139.
62. Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 140.
63. Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 139; s. auch S. 134: „l’art pour l’art“; „Auch in der Rechtswissenschaft wurde eingeräumt, dass die Adoption „desueta“, d. h. außer Übung gekommen war.“ Ders., in: Sachsenspiegel und Adoption – die Macht der Glosse, in: ZNR 33 (2011), S. 1-11, hier 1: „Die Adoption war im Mittelalter lediglich eine akademische und literarische Materie.“
64. Zur Adoptionspraxis in Frankreich vom 14. bis 16. Jh.: Roumy, L’adoption (Anm. 38), S. 198 ff.
65. Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 109 ff.; gegen die Einordnung als familienrechtliches Institut überzeugend A. Schmidt-Recla, Kalte oder warme Hand? Verfügungen von Todes wegen in mittelalterlichen Referenzrechtsquellen, Köln, Weimar, Wien 2011, S. 142 ff.; ders., Mancipatio familiae und Affatomie. Überlegungen zu Parallelentwicklungen im römischen und fränkischen Recht und zu Rezeptionsbedingungen im Frühmittelalter, in: G. Dilcher/E.-M. Distler (Hg.), Leges – Gentes – Regna. Zur Rolle von germanischen Rechtsgewohnheiten und lateinischer Schrifttradition bei der Ausbildung der frühmittelalterlichen Rechtskultur, Berlin 2006, S. 461-486, hier S. 478 ff.
66. Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 152 ff., 155, 162: Einkindschaft und Morgengabskinder als „hybride Auswüchse.“
67. Schott, Kindesannahme (Anm. 34), S. 156 ff., zeigt das am Wormser Stadtrecht von 1498, der so genannten Wormser Reformation, und dem Freiburger Stadtrecht von 1520, a.a.O., S. 159 ff.
68. C. Schott, Adoption und Rezeption im gemeinen Recht – zwischen Akzeptanz und Ablehnung, in: P. Andersen/P. Letto-Vanamo/K. Ă. Modéer/H. Vogt (Hg.), Liber Amicorum Ditlev Tamm. Law, History and Culture, Kopenhagen 2011, S. 395-406.
69. “Wahr” bedeutet hier nach der Natur möglich. So auch der Jurist Cinus de Pistoia (1270-1236/7), Com. Ad C. 4.19.16, Sive possidetis Nr. 5: „Effectus eius est quod pro veritate habetur, quanquam id, quod fingit, sit veritati contrarium, non tamen impossibile secundum naturam.“ Dazu Roumy, L’adoption (Anm. 38), S. 128, mwNw.
70. Zitiert nach H. Kantorowicz, The Sovereignty of the Artist, in: M. Meiss (Hg.), De Artibus opuscula XL: Essays in Honor of Erwin Panofsky, Bd. 1, New York 1961, S. 267-279, hier S. 269.
71. Zum Naturbegriff des Juristen Baldus s. M. Kriechbaum, Philosophie und Jurisprudenz bei Baldus de Ubaldis, Ius Commune 27 (2000), S. 299-343, hier S. 329-331.
72. A. Moritz, in: ders. (Hg.), Ars imitatur naturam. Transformationen eines Paradigmas menschlicher Kreativität im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, Münster 2010, S. 10.
73. D.-C. Kurtz, Das Institut der Adoption im preußischen Allgemeinen Landrecht und im französischen Code civil zwischen Rezeption römisch-rechtlicher Prinzipien und verändertem Familienverständnis, Frankfurt am Main 2006.
74. D. Schwab, Artikel „Familie“, in: O. Brunner/W. Conze/R. Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 2, Stuttgart 1975, S. 253-301, hier S. 282.
75. II. 2. 10., Wirkungen der Adoption § 681. „Durch die Adoption entstehen zwischen dem angenommenen Vater und Kinde in der Regel die Rechte und Pflichten, wie zwischen leiblichen Aeltern, und den aus einer Ehe zur rechten Hand erzeugten Kindern.“ Text aus H. Hattenhauer/G. Bernert (Hg.), Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794. Textausgabe, Frankfurt am Main, Berlin 1970, S. 405 f.
76. H. Conrad/G. Kleinheyer (Hg.), Carl Gottlieb Svarez. Vorträge über Recht und Staat, Köln Opladen 1960, S. 333.
77. II. 2. 10., Familienverhältnisse § 711. „Dagegen verbleibt das angenommene Kind ein Mitgliede der Familie, in welcher es geboren worden.“ Text aus Hattenhauer/Bernert, Allgemeines Landrecht (Anm. 75), S. 406.
78. II. 2. 10., Familienverhältnisse § 710. „Soll durch die Adoption zugleich eine Familienverbindung bewirkt werden: so muss dieses durch einen besonderen Familienvertrag geschehen.“ Text aus Hattenhauer/Bernert, Allgemeines Landrecht (Anm. 75), S. 406.
79. Becker, Adoption (Anm. 9), S. 86.
80. H. Fulchiron, Nature, fiction et politique. L'adoption dans les débats révolutionnaires, in: I. Théry/C. Biet (Hg.), La famille, la loi, l’état de la Revolution au Code civil, Paris 1998, 204-220.
81. E. Gager, Blood ties and fictive ties. Adoption and family life in early modern France, Princeton 1996, S. 160 ff.
82. W. Enders, Stiefkindadoption, FPR 2004, S. 60-64, hier S. 64.
83. J.-L. Halpérin, L’impossibile Code civil, Paris 1992, S. 273.
84. F. Sturm, Die Aufnahme der Adoption in den Code civil. Paradigmawechsel durch Verwerfung des preußischen Vorbilds, in: G. Köbler/H. Nehlsen (Hg.), Wirkungen europäischer Rechtskultur. Festschrift für Karl Kroeschell zum 70. Geburtstag, München 1997, S. 1305-1314, hier S. 1312-1314: „Das ungelöste Rätsel“. Eine zeitgenössische Stellungnahme enthält K. F. Baurittel, Die Lehre von der Adoption nach den Principien des französischen Civilrechts, Freiburg 1827, S. XI-XXIV.
85. J. G. Locré, Esprit du Code Napoléon, Paris 1806, S. 254.
86. S. Solimano, Verso il Code Napoléon, Milano 1998, S. 348.
87. Bibliothèque (ou journal) du barreau et des écoles de droit, Premìere partie, Bd. 2, Paris 1809, S. 353. Zur „materialistischen“ Anschauung der Adoption im Gesetzgebungsprozess X. Martin, Mythologie du Code Napoléon. Aux soubassements de la France moderne, Bouère 2003, S. 17.
88. Das Bundesgesetz über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 30. Juni 1972 (BBl. I 1972, 1751) führte in der Schweiz ab dem 1. April 1973 die Volladoption ein. Dazu S. Molls, Rechtsprobleme der Erwachsenenadoption und ihre Lösung de lege ferenda, Hamburg 2011, S. 46.
89. Mugdan, Die gesammten Materialien (Anm. 11), S. 509: “subsidiäres Mittel, ein Eltern- und Kindesverhältnis zu begründen“.
90. Mugdan, Die gesammten Materialien (Anm. 11), S. 525.
91. Das entsprach der gemeinrechtlichen „Verwandtschafts-“ im Gegensatz zur „Erzeugungstheorie“, die davon ausging, dass zwischen bloßer Blutsgemeinschaft und rechtlich erheblicher Verwandtschaft zu unterscheiden sei. Durch Adoption begründete Rechtsbeziehungen waren daher Fälle von Verwandtschaft. Dazu K. Strick, Die Adoption des eigenen Kindes. Zum Abbruch statusrechtlicher Verwandtschaftsbeziehungen, Frankfurt am Main Berlin 1996, S. 73 ff. mwNw. aus dem gemeinrechtlichen Schrifttum.
92. Mugdan, Die gesammten Materialien (Anm. 11), S. 508: Gefahr, „dass durch die Annahme eines fremden Kindes das häusliche Glück gestört und die Gelegenheit zu Misshelligkeiten zwischen dem Annehmenden und dessen ehelichen Abkömmlingen gegeben wird“.
93. W. Zielke, Die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, Leipzig, 1907, S. 11 ff.; A. Hecker, Die Adoption im geltenden Recht als Produkt der historischen Entwicklung, Leipzig 1903. Umstritten war insbesondere die Frage, ob die „uneheliche Mutter“ ihr eigenes Kind adoptieren kann, was bejaht wurde. Beim „nichtehelichen Vater“ sei die Annahme des eigenen leiblichen Kindes ohnehin unproblematisch, weil er nach der Urfassung des BGB mit seinem Kind nicht verwandt war. – Mit der Gleichstellung nicht ehelicher mit ehelichen Abkömmlingen durch die Reform des Kindschaftsrechts von 1998 hat die Bedeutung der Adoption des eigenen Kindes erheblich an Bedeutung eingebüßt. Der 59. Deutsche Juristentag 1992 in Hannover hatte sich mit einer Stimmenmehrheit von 51 zu 1 Stimmen (bei drei Enthaltungen) für die Abschaffung ausgesprochen. Dazu Strick, Die Adoption (Anm. 91), S. 157.
94. Mugdan, Die gesammten Materialien (Anm. 11), S. 509. Ulp. D. 1.7.15.2 (26 ad Sab.) geht dagegen davon aus, dass der Mann über sechzig sein soll, um adoptieren zu dürfen. Ein jüngerer Mann soll sich bemühen, eigene Kinder zu zeugen (In adrogationibus cognitio vertitur, num forte minor sexaginta annis sit qui adrogat, quia magis liberorum creationi studere debeat).
95. Entwurf eines Gesetzes über die Annahme als Kind v. 7.1.1975, BT-Drs. 7/3061, S. 1-87, hier S. 33. Zuvor war nur eine Befreiungsmöglichkeit von diesem Erfordernis vorgesehen. Instruktiver Überblick über die Änderungen des Adoptionsrechts bei K. E. Dickerscheid, in: Mitglieder des Bundesgerichtshofs (Hg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, 12. Aufl., Berlin, New York 1999, Bd. 4, 4. Teil, Vor § 1741 Rn. 1-6.
96. Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften (Familienrechtsänderungsgesetz) v. 11.8.1961, BGBl. I, S. 1221. Überblick zu den Ländern, die bis dato am Altersunterschied von achtzehn Jahren festhalten, bei Knütel, Zur Adoption (Anm. 34), S. 4-5; Österreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Argentinien. Der spanische Cc. verlangt einen Altersunterschied von fünfzehn Jahren, ebenso der Code civil.
97. Etwa G. Scheffler, Das Bürgerliche Gesetzbuch (Anm. 95), 11./12. Aufl., Berlin 1964, Bd. 4, 2. Teil, § 1744 Rn. 4.
98. Gesetz über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptionsgesetz) v. 2.7.1976, BGBl. I, S. 1749.
99. R. Frank, Brauchen wir Adoption?, FamRZ 2007, S. 1693-1699.
100. Ferrer i Riba, Artikel „Adoption” (Anm. 17), S. 19-21.
101. So die Einschätzung von R. Bosch, Entwicklungen und Probleme des Adoptionsrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Ein auch rechtsvergleichender und rechtspolitischer Beitrag, FamRZ 1984, S. 829-842, hier S. 834.
102. De lege ferenda spricht sich H.-P. Wetzel, Pflichtteilsentziehung durch Minderjährigenadoption?, ZEV 2011, S. 401-404, hier S. 403, dafür aus, dem Minderjährigen seine Erb- und Pflichtteilsrechte nach den leiblichen Eltern zu belassen.
103. Ferrer i Riba, Artikel „Adoption” (Anm. 17), S. 21.
104. C. Bridge/H. Swindells (Hg.), Adoption. The Modern Laws, Bristol 2003, S. 237: “cloak of secrecy”.
105. Frank, Adoption (Anm. 99), S. 1693 mwNw. in Anm. 1.
106. § 1747 Abs. 2 S. 2 BGB. Dazu Staudinger/R. Frank, BGB (Anm. 12), § 1747 Rn. 35 f. mwNw.
107. Andere Rechtsordnungen gewichten die Geheimhaltungsinteressen der leiblichen Eltern höher: R. Frank, Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung?, FamRZ 1988, S. 113-120, hier S. 117; Staudinger/ders ., BGB (Anm. 12), § 1747 Rn. 35.
108. Die Vorschrift lautet: “The adopted child shall have access to information held by the competent authorities concerning his or her origins. Where his or her parents of origin have a legal right not to disclose their identity, it shall remain open to the competent authority, to the extent permitted by law, to determine whether to override that right and disclose identifying information, having regard to the circumstances and to the respective rights of the child and his or her parents of origin. Appropriate guidance may be given to an adopted child not having reached the age of majority.”
109. S. etwa Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, 6. Aufl. 2009, München 2010, 6.1.2. Offene Adoptionen, S. 20 f.; Frank, Adoption (Anm. 99), S. 1693 mwNw. in Anm. 4.
110. § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB.
111. Frank, Adoption (Anm. 99), S. 1695: „Bedingt durch die hohe Zahl gescheiterter Ehen oder außerehelicher Verbindungen sind heute mehr als die Hälfte aller Adoptionen Stiefkindadoptionen.“ Ähnlich Enders, Stiefkindadoption (Anm. 82), S. 60: „Löwenanteil der Adoptionen in Deutschland“.
112. R. Frank, Die Stiefkindadoption, StAZ 2010, S. 324-330, hier S. 326; K. Muscheler, Das Recht der Stieffamilie, FamRZ 2004, S. 913-921, hier S. 915; Enders, Stiefkindadoption (Anm. 82), S. 64; N. Dethloff, Nichteheliche Lebensgemeinschaft und Kinder, in: J. M. Scherpe/N. Yassari (Hg.), Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, Tübingen 2005, S. 137-162, hier S. 150 mwNw. in Anm. 69.
113. §§ 1759-1766 BGB.
114. S. etwa Art. 264a Abs. 3 ZGB (Schweiz): „Eine Person darf das Kind ihres Ehegatten adoptieren, wenn die Ehegatten seit mindestens fünf Jahren verheiratet sind.“ Dazu C. Hegnauer, Grundriss des Kindschaftsrechts und des übrigen Verwandtschaftsrechts, 5. Aufl., Bern 1999, Rn. 11.13-11.13b, S. 85. De lege ferenda schlägt Muscheler, Stieffamilie (Anm. 112), S. 915, vor, die der Adoption vorausgehende Zeit der Familienpflege nach § 1744 BGB für Stieffamilien auf fünf Jahre zu fixieren.
115. BGHZ 162, 357; BVerfG NJW 2006, 827, zu § 1748 Abs. 4 BGB. Die Einwilligung des leiblichen Vaters bei unverhältnismäßigem Nachteil für das Kind bei Unterbleiben der Annahme darf nur unter strengeren Voraussetzungen als in Fällen der Fremdkindadoption ersetzt werden. Ein „unverhältnismäßiger Nachteil“ liegt nur vor, wenn die Adoption einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen würde, dass ein verständig sorgender Elternteil auf die Erhaltung des Verwandtschaftsbands nicht bestehen würde.
116. R. Frank, Stiefkindadoption (Anm. 112), S. 326 ff; ders., Adoption (Anm. 99), S. 1695; Staudinger/ders ., BGB (Anm. 12), § 1748 Rn. 59; J. Gernhuber/D. Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., München 2010, § 68 VI Rn. 82 mwNw.
117. Dass die Ursprungsfamilie für das Adoptivkind nicht nur faktisch, sondern auch juristisch von Belang bleibt, zeigt Frank, Adoption (Anm. 99), S. 1698: beim Themenkreis „Kenntnis der genetischen Abstammung“, bei der Klage auf Feststellung der Vaterschaft durch das Adoptivkind und der Pflicht zur Vorlage einer Abstammungsurkunde bei Heirat eines Adoptivkindes, aus dem sich auch die leiblichen Eltern ergeben.
118. F. Wapler, Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit Kindern: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen, in: D. Funcke, P. Thorn (Hg.), Die gleichgeschlechtliche Familie mit Kindern. Interdisziplinäre Beiträge zu einer neuen Lebensform, Bielefeld 2010, S. 115-160, hier S. 150; des Weiteren G. Müller, Adoption in der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft – de lege lata et de lege ferenda, FF 2011, S. 56-64, hier S. 59. Zur Einwilligung des Samenspenders vor der Stiefkindadoption D. Siegfried, Kinder vom anderen Ufer, FPR 2005, S. 120-122, hier S. 121 f. Zum Rechtsverhältnis zwischen Kind und Samenspender nach Adoption Dethloff, Nichteheliche Lebensgemeinschaft (Anm. 112), S. 171.
119. R. Frank, Namensrechtliche Probleme bei Adoptionen, StAZ 2008, S. 1-6; des Weiteren F. Wall, Keine Adelsprädikate für Österreicher durch Adoption in Deutschland, StAZ 2011, S. 203-210.
120. J. Rieck/J. Zingraf, Die Adoption Erwachsener, München 2011, Rn. 896 ff.
121. § 1767 Abs. 1 BGB.
122. K. Muscheler, Die Voraussetzungen der Erwachsenenadoption, in: S. Hofer/D. Klippel/U. Walter (Hg), Perspektiven des Familienrechts, Festschrift für Dieter Schwab zum 70. Geburtstag, Bielefeld 2005, S. 843, 862. Krit. auch R. Frank, Rechtsprobleme der Erwachsenenadoption, StAZ 2008, S. 65-71, hier S. 68 f. Des Weiteren T. Krause, Annahme Volljähriger als Kind, ZFE 2011, S. 223-227; Ders., Neuere Rechtsprechung zum Adoptionsrecht, ZKJ 2010, S. 64-66; G. Müller, Probleme der Volljährigenadoption, insbesondere derjenigen mit „starken Wirkungen“, MittBayNot 2011, S. 16-23, hier S. 23: „Wird die Volljährigenadoption nicht primär aus familienbezogenen, sondern aus anderen (insbesondere wirtschaftlichen) Motiven angestrebt und gelangt dies zur Kenntnis des Familiengerichts, wird das Familiengericht die Adoption mangels sittlicher Rechtfertigung ablehnen.“
123. Muscheler, Erwachsenenadoption (Anm. 122), S. 862.
124. Muscheler, Erwachsenenadoption (Anm. 122), S. 863: Eine materielle Missbrauchskontrolle findet bei Statuserlangung auch sonst nicht statt. Eine mögliche Folge dieser Anschauung könnte de lege ferenda entgegen § 1771 S. 1 BGB die Zulassung einer einseitigen Aufhebung von Erwachsenenadoptionen bei wichtigem Grund sein. Dafür plädiert M. Bäumker, Die einseitige Aufhebung einer Erwachsenenadoption, Hamburg 2007, S. 148 und passim. – Andere Autoren sprechen sich dagegen für eine Wiederannäherung an das Modell des Eltern-Kind-Verhältnisses an, das in einem langjährigen Zusammenleben funktionell surrogiert werden soll. So etwa Frank, Rechtsprobleme (Anm. 120), S. 70; unter Hinweis auf die Rechtslage in Österreich und der Schweiz (zu ihr Hegnauer, Grundriss des Kindschaftsrechts [Anm. 114], Rn. 11.32, S. 92: Zusammenleben in mindestens fünfjähriger Hausgemeinschaft). S. Molls, Rechtsprobleme der Erwachsenenadoption (Anm. 88), S. 213 ff., verlangt ein bestehendes Eltern-Kind-Verhältnis unter Verzicht auf die Prüfung der sittlichen Rechtfertigung.
125. So aber Enders, Stiefkindadoption (Anm. 82), S. 64.
126. Orientiert am Kindeswohl sollen im Einzelfall auch ältere Bewerber zugelassen werden (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7838192/Justizministerin-plant-liberaleres-Adoptionsrecht.html; Abruf am 1.3.2012). Entsprechend hat sich der Petitionsausschuss des Bundestages in einer Beschlussempfehlung vom 21.09.2011 eingelassen (BT-Drs. 17/7038; http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/070/1707038.pdf; Abruf am 1.3.2012).
127. BVerfGE 108, S. 82-122, hier S. 105 f. Das Verfahren BVerfG FamRZ 2009, S. 1653-1654, hier S. 1654, mit Anm. M. Leipold, FamFR 2009, S. 56; hatte eine „Richtervorlage“ zur Vereinbarkeit von § 9 Abs. 7 S. 2 LPartG iVm. § 1754 Abs. 1, 3 BGB mit Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG zum Gegenstand. Das Gericht hat die Vorlage aus formellen Gründen als unzulässig verworfen.
128. Nicht etwa steht die rechtliche der biologischen und sozial-familiären als tertium gegenüber, wie man der Aussage des BVerfG für sich entnehmen könnte. Das erhellt sich aus der Lektüre von BVerfGE 108, (Anm. 127), S. 105 f., wo davon die Rede ist, dass zwischen „biologischer und sozialer Elternschaft kein Rangverhältnis bestehe“.
129. Kritisch mit bedenkenswerten Argumenten K. Muscheler, Das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft, 2. Aufl. 2004, Rn. 426. Dethloff, Nichteheliche Lebensgemeinschaft (Anm. 112), S. 151, plädiert dafür, die Stiefkindadoption zuzulassen, wenn der leibliche Elternteil verstorben oder unbekannt ist, will sie dann aber gleichgeschlechtlichen Paaren ebenso eröffnen wie heterosexuellen faktischen Lebensgemeinschaften. S. auch Frank, Stiefkindadoption (Anm. 112), S. 330, für heterosexuelle Stiefeltern. Hiergegen Muscheler, a.a.O., unter Hinweis auf die gerichtliche Verbleibensanordnung zugunsten des Stiefelternteils bei Versterben des leiblichen Elternteils nach § 1682 S. 2 BGB. Des Weiteren F. Wapler, Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften (Anm. 118), S. 150.
130. Aus anthropologischer Sicht plädiert dafür Rebollo, Parentesco y adopción (Anm. 26).
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Diese Seite ist vom 19. März 2012