Artikel vom 22. Mai 2013

© 2013 fhi

ISSN 1860-5605

Erstveröffentlichung

Zitiervorschlag/Citation:

http://www.forhistiur.de/zitat/1305reich.htm

Johannes Reich*
Regulierung, Regulierungsrecht und Regulatory State — Rechtsdogmatische Potenziale des Regulierungsbegriffs in verwaltungsrechtsvergleichender, rechtshistorischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive**

Table of contents

I. Transnationale Diffusion und Ubiquität des Regulierungsbegriffs

1«Regulierung» hat sich binnen weniger Jahre sowohl im politischen als auch im rechtlichen Diskurs zu einem geradezu inflationär verwendeten Begriff entwickelt. Auf politischer Ebene wird nach vermeintlichen oder tatsächlichen Skandalen regelmäßig nach «Regulierung» gerufen1 oder im Gegenteil vor überbordender «Regulierungswut»2 gewarnt. Auch in den Rechtswissenschaften hat sich «Regulierung» als feste Größe etabliert. Mehr noch: Signalisiert die Publikation von Sammelwerken tatsächlich einen «Zustand der Fülle und damit der Unübersichtlichkeit»,3 so hat das «Regulierungsrecht» dieses Reifestadium einer Wissenschaftsdisziplin innerhalb des deutschen Verwaltungsrechts bereits zum Ende der ersten Dekade des dritten Jahrtausends erreicht. 4 Freilich vermochte dieser Trend etwa in den schweizerischen Verwaltungsrechtswissenschaften zumindest bisher noch nicht Fuß zu fassen.5 Außerhalb des rechtlichen Kontexts dient der Regulierungsbegriff im Rahmen sozialwissenschaftlicher, insbesondere politikwissenschaftlicher und ökonomischer Untersuchungen, bereits seit geraumer Zeit der Analyse von Normsetzung durch staatliche – in jüngerer Zeit vermehrt auch durch nicht-staatliche – Akteure (vgl. Ziff. II/C). Zur rechtlichen und zur sozialwissenschaftlichen Dimension gesellt sich die transnationale: Der Regulierungsbegriff beruht (auch) auf einer grenzüberschreitenden Adaption von Regelungskonzepten. Zeichen dafür ist insbesondere die globale Ausbreitung des Modells der «independent regulatory agencies».6 Dieser Prozess von Inkorporation und gegenseitiger Durchdringung wird vorliegend als transnationale Diffusion von Regulierungsmodellen bezeichnet. Dagegen suggeriert der gängige Ausdruck des «(Rechts-) Transfers»7 begrifflich eine einseitige Geber-/Nehmer-Beziehung. Die Bezeichnung «legal transplant»8 schließlich vermag den Aspekt der wechselseitigen Beeinflussung und Verschmelzung nur ungenügend einzufangen. 9

2Vor dem skizzierten Hintergrund erscheint es notwendig, die dogmatischen Potenziale von «Regulierung» sowohl über verschiedene disziplinäre Zugänge als auch transnational zu ergründen. Eine erste semantische, rechtshistorisch informierte und im Kontext des schweizerischen Bundesverwaltungsrechts verortete Annäherung leitet nachfolgend in eine Begriffsbestimmung im interdisziplinären, verfassungs- und verwaltungsrechtsvergleichenden Kontext über (Ziff. II). Im Anschluss wird das Konzept des «Regulierungsrechts» in den eng miteinander verwandten Staatsmodellen des «Regulatory State» (Ziff. III) und des «Gewährleistungsstaates» (Ziff. IV/ B) lokalisiert. Der rechtshistorische Zugang erfolgt unter Ziff. IV/C in Verbindung mit einer Rezension eines Sammelbandes10 über Formen der Kooperation zwischen Staat und Privaten im 19. Jahrhundert. Eine Zusammenfassung der gezogenen Folgerungen hinsichtlich des Sinngehalts und genutzter sowie möglicher, noch weitgehend brachliegender dogmatischer Potenziale von «Regulierung», «Regulierungsrecht» und «regulierter Selbstregulierung» sowie eine Identifizierung verbleibender Forschungsdesiderate runden den Beitrag ab (Ziff. V).

II. Sinngehalt und Funktion im interdisziplinären und transnationalen Kontext

A. Semantik: «Regulierung» als physische Einwirkung und normative Steuerung

3«Regulierung» und «regulierte Selbstregulierung» haben als Rechtsbegriffe vornehmlich als Folge der Liberalisierung rechtlicher Monopole (Aufgabenprivatisierung) im Bereich der Post-, Fernmelde- und Energiedienstleistungen in den 80er- und 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts größere Verbreitung gefunden. Eine Grundlage im positiven Recht hat «Regulierung» in diesem Sinn im schweizerischen Bundesverwaltungsrecht aber erst am 1. Januar 2009 mit dem Inkrafttreten von Art. 7 Finanzmarktaufsichtsgesetz erhalten: Die Bestimmung schreibt die finanzmarktrechtlichen «Regulierungsgrundsätze» (franz: «principes de réglementation»; ital.: «principi di regolazione») fest.11 «Regulierung» wohnt in diesem Kontext demnach ein normativer Gehalt inne, der sowohl Rechtsetzung als auch Rechtsanwendung einzufangen versucht.12

4Wenn in früheren Jahrzehnten in Bundesgesetzen oder für die Schweiz verbindlichen Staatsverträgen von «Regulierung» die Rede war, waren dagegen zumeist andere Phänomene angesprochen: 13 die Begradigung von Flussläufen, die Regelung des Wasserstandes von Seen und Fließgewässern, die Begrenzung des Wildbestandes oder – wie in der Übereinkunft vom 28. April 1878 zwischen der Schweiz und dem Großherzogtum Baden wegen Regulierung der Grenze bei Konstanz14 – die Bereinigung von Staatsgrenzen.15 Gleichwohl folgte bereits die vom 29. Mai 1874 datierende und bis zum 31. Dezember 1999 in Kraft stehende Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [aBV (1874)] mit dem 1958 aufgehobenen Art. 42 Bst. f einem anderen Verständnis des Regulierungsbegriffs: Demnach sollte der Bund seine Ausgaben unter anderem «aus den Beiträgen der Kantone» bestreiten, «deren nähere Regulierung (…) der Bundesgesetzgebung vorbehalten» blieb.16 Angesprochen war damit offenkundig nicht die unmittelbare, physische Einwirkung auf Naturphänomene wie Wasserläufe, Wasserstände oder den Wildbestand, sondern die normative Festlegung von Kriterien zur Berechnung der durch die Kantone an den Bund abzuliefernden Beträge (sog. «Kontingente»),17 wofür die im Auslegungsprozess gleichrangige französische Fassung des Art. 42 Bst. f aBV (1874) das Verb «régler» verwendete.18 Die kantonalen Beiträge sollten sich an der Leistungsfähigkeit der einzelnen Glieder des Bundesstaates orientieren. Während die Mediationsverfassung vom 19. Februar 1803 19 und der Bundesvertrag vom 7. August 181520 diese finanziellen Verpflichtungen noch ziffernmäßig festgelegt hatten, bestimmte die erste Verfassung des nach einem kurzen Bürgerkrieg (Sonderbundskrieg21) von einem Staatenbund in einen Bundesstaat transformierten schweizerischen Staatswesens – die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12. September 1848 – in Art. 39 Bst. e, dass die Kantone ihre Beträge auf der Grundlage einer periodisch zu revidierenden «Geldskala» zu leisten hätten. 22 Dieses 1851 erstmals als verbindlich festgelegte Gradmaß wurde unter der Geltung des vorerwähnten Art. 42 Bst. f aBV (1874) in das Bundesgesetz vom 9. März 1875 betreffend die eidgenössische Geldskala überführt.23 Mit der Wendung der «nähere[n] Regulierung» wurde folglich auf die Normierung auf infrakonstitutioneller Ebene verwiesen.

5Spätestens um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert dokumentieren sowohl die Wortprotokolle der Verhandlungen des schweizerischen Parlaments als auch weitere Berichte der Schweizer Regierung zu Gesetzgebungsvorhaben (sog. Botschaften des Bundesrates) mit zunehmender Deutlichkeit ein ähnliches Verständnis des Regulierungsbegriffs. So zitiert ein bundesrätlicher Bericht vom 8. März 1895 eine Petition des schweizerischen Metzgerverbandes, wonach «sich (…) in breiten Schichten der Bevölkerung die Überzeugung Bahn» breche, dass «kein Gebiet des öffentlichen Lebens so sehr einer einheitlichen Regulierung» bedürfe, «wie die Nahrungsmittelkontrolle.»24 Ferner bildeten beispielsweise «die gesamten Verwaltungsteile des Bundes»,25 das «Schießwesen»,26 die Lebensmittelfälschung,27 die Entlohnung des Bundesrates,28 nach dem Verbot des Absinthes an Produzenten auszurichtende Entschädigungen29 oder der «Verkehr mit Automobilen und Fahrrädern»30 mögliche Gegenstände der «Regulierung». Auch die Normen und Prinzipien des «Kriegsrechtes» wurden bereits im frühen 20. Jahrhundert unter den Regulierungsbegriff subsumiert.31 Dieser erfasste zudem nicht nur staatliche, sondern auch private Normsetzung: Absprachen von Kartellen32 und Satzungen privater Vereine33 wurden ebenso als «Regulierungen» bezeichnet.

6Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die Bedeutung des Ausdrucks «Regulierung» auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zumindest im Kontext des schweizerischen Bundesstaats- und Bundesverwaltungsrechts vielschichtig war: Im Einklang mit dessen etymologischen Wurzeln im lateinischen Verb «regere» (für «gerade richten», «lenken») 34 steht «Regulierung» sowohl für die Beeinflussung von Naturphänomenen (Wasserstand, Wildbestand etc.) durch direkte, physische Einwirkung als auch für die normative Steuerung durch den Staat oder Private.35

B. Transnationale Diffusion: «regulation», «independent regulatory agencies» und «Regulatory State»

7Die gängige verwaltungsrechtswissenschaftliche Begriffsverwendung von «Regulierung» ist indessen höchstens lose mit der aufgezeigten Traditionslinie verbunden. Vielmehr dürfte sie in engem Zusammenhang sowohl mit der Verwendung des Regulierungsbegriffs durch supra- und internationale Gremien36 als auch mit der globalen Ausbreitung unabhängiger Regulierungsbehörden stehen. Letztere sind in den 1980er- und vor allem in den 1990er-Jahren gleichsam «epidemisch»37 wie Pilze aus dem Boden geschossen.38 Die rechtliche Ausgestaltung solcher Institutionen auf nationaler und supranationaler Ebene hat sich dabei zumeist am Vorbild der «independent regulatory agencies» des U.S.-amerikanischen Verwaltungsrechts orientiert. 39 Auch daher liegt der Schluss nahe, dass das derzeit herrschende verwaltungsrechtliche Verständnis von «Regulierung» wesentlich auf der Diffusion U.S.-amerikanischer Institutionen beruht. 40 Regulierung erscheint daher als «importiertes Konzept».41

8«Regulierung» als Begriff und Regelungskonzept fußt im U.S.-amerikanischen Verwaltungsrecht auf im 19. Jahrhundert gelegten Grundlagen. 42 Die verfassungsrechtlichen Entwicklungslinien reichen freilich weiter zurück. In der vom 17. September 1787 datierenden Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika wird das Verb «to regulate» namentlich in der «commerce clause» verwendet. Diese ermächtigt den Kongress dazu, den Handel sowohl mit anderen Nationen als auch unter den Gliedstaaten und im Verhältnis zur indigenen Bevölkerung «zu regulieren».43 Die Bestimmung der Reichweite der «commerce clause» – und damit einhergehend der Bedeutung des Verbs «to regulate» – zählt auch in der Rechtsprechung des frühen 21. Jahrhunderts zu den zentralen Streitpunkten der Judikatur des United States Supreme Court. So bildete die Fragestellung, ob die «commerce clause» dem Kongress auch die Kompetenz einräumt, Private zur Versicherung von mit Krankheit verbundenen Risiken zu verpflichten, Kern der viel beachteten Entscheidung des Gerichts vom 28. Juni 2012 in Sachen National Federation of Independent Business v. Sebelius zur Verfassungskonformität des Patient Protection and Affordable Care Act Obamacare»). 44 Die Richterinnen und Richter stellten sich dabei mehrheitlich auf den Standpunkt, «to regulate» setze eine in der sozialen Wirklichkeit vorbestehende menschliche Tätigkeit («activity») voraus, die nur nachträglich durch den Kongress Rechtsnormen unterworfen werden dürfe.45 Mit dem Verb «to regulate» räume die Verfassung dem Kongress demnach keine Befugnis ein, Personen zur Vornahme ökonomisch relevanter Tätigkeiten wie den Abschluss eines Krankenversicherungsvertrags zu verpflichten. 46 In Anlehnung an die Rechtsprechung aus dem frühen 19. Jahrhundert lässt sich «to regulate» daher mit «prescribing rules for something» umschreiben. 47 Die «commerce clause» überträgt dem Kongress demnach die Befugnis, tatsächlich vorbestehende Tätigkeiten wirtschaftlichen Charakters allgemeinen Regeln zu unterwerfen.48

9In der «Progressive Era» – also im Zeitraum zwischen 1890 und 1920 – wurde der Ausdruck «regulation» vornehmlich zur Beschreibung staatlicher Regelwerke und Institutionen verwendet, mit denen Rechtsdurchsetzung, die vormals ausschließlich Privatklägern vorbehalten war (litigation), in wichtigen Wirtschaftszweigen Verwaltungsbehörden (agencies) übertragen wurde.49 Unter geänderten politischen Voraussetzungen setzte sich dieser Paradigmenwechsel von privater hin zu administrativer Rechtsdurchsetzung in der Periode des New Deal fort und wurde förmlich multipliziert.50 Dieses Verständnis von «regulation» als von unmittelbarer staatlicher Leistungserbringung und Güterverteilung unterschiedener, regelhafter administrativer Aufsicht, Rechtsdurchsetzung und Rechtserzeugung prägt schließlich auch die zunächst auf die Vereinigten Staaten, später auf Großbritannien und seit den 1990er-Jahren auch auf die Europäische Union angewendete Figur des «Regulatory State». 51

C. Holismus und Interdisziplinarität

10Besonders vor dem Hintergrund eines aus der Tradition des Common Law hervorgegangenen Verwaltungsrechts scheint demnach wesentlich, dass «regulation» erstens eine Regelbildung impliziert, die über den Einzelfall hinaus Bindungswirkung einfordert. In diesem Sinn regelbildend ist nicht nur ein Rechtssatz, sondern auch die Richtlinie bzw. eine «rule» einer Verwaltungsbehörde52 oder derjenige Leitentscheid eines Gerichts, mit dem eine Rechtsfrage oder eine unbestimmte Zahl ähnlich gelagerter Fälle in grundsätzlicher Weise geklärt wird.53 Zweitens transzendiert der Regulierungsbegriff die im kontinentaleuropäischen Rechtskreis maßgebende Trennlinie zwischen privatem und öffentlichem Recht.54

11Der diesem Regulierungsbegriff inhärente Holismus dürfte indessen nicht nur auf die im Rechtssystem verlaufenden Traditionsanschlüsse zurückzuführen sein. Wesentlicher scheint, dass sich die «Regulierungstheorie» besonders im angelsächsischen Raum spätestens ab den 1970er-Jahren als sozialwissenschaftlicher, insbesondere politökonomisch und politikwissenschaftlich ausgerichteter Forschungsansatz etabliert, verselbstständigt und global auszubreiten begann. 55 Der anfänglich skeptische, namentlich durch George Stigler angestimmte Unterton, wonach Regulierung in aller Regel durch den betroffenen Wirtschaftssektor erarbeitet und zu dessen Vorteil konzipiert und angewendet wird (capture-Theorie),56 ist dabei einer deutlich freundlicheren Einschätzung gewichen, wonach sich Regulierung «smart», 57 «responsive»58 und «problem-centered»59 ausgestalten lässt. Parallel dazu hat sich die semantische Extension des sozialwissenschaftlich geprägten Regulierungsbegriffs zusehends erweitert. Noch in den 1990er-Jahren wurde «regulation» – zumeist in Anlehnung an Philip Selznick – als ständige Aufsicht durch eine staatliche Behörde umschrieben. 60 «Regulierung» bildete demgemäß ein Synonym zu sog. «control-and-command-regulations» (CAC) unter Ausschluss des Straf- und Strafprozessrechts.61 Auch wenn diese tendenziell staatszentrierte Begriffsumschreibung von internationalen Organisationen wie der in der Politikberatung wirkungsmächtigen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 62 nach wie vor maßgebend ist, verlegten sich im Wissenschaftskontext angesiedelte Begriffsbestimmungen vermehrt auf eine ausschließlich negative Definition, wonach «Regulierung» im Gegensatz zur staatlichen Leistungserbringung und Güterverteilung (distributive Politik) steht. 63 Bestehen bleibt damit die Differenz zwischen «Regulierung» und «Governance»: «Regulierung» erscheint als Teilmenge64 und – neben redistributiver Politik und direkter Leistungserbringung durch die Verwaltung – als eine von verschiedenen Formen von «Governance».65 Diese Abgrenzung verschwimmt dagegen gemäß einem breiteren Anklang findenden «dezentrierten», vom Subjekt der Steuerung losgelösten Ansatz zusehends:66 Demnach haben sämtliche regelhaften, intentional auf die Verhaltensbeeinflussung und -steuerung gerichteten Handlungen potenzieller Akteure – seien sie nun staatlicher, supranationaler, internationaler, transnationaler oder privater Provenienz – als «Regulierung» zu gelten. 67 In dieser Sichtweise werden etwa Staaten, die auf dem Kapitalmarkt Anleihen ausgeben, durch Ratingagenturen «reguliert». 68

D. Regulierungstheorie als Erweiterung und Perspektivenwechsel der Verwaltungsrechtswissenschaft

12Auch wenn in der sozialwissenschaftlich dominierten, trans- und interdisziplinären Regulierungsforschung je nach Fragestellung und Fachrichtung mit einem ganz unterschiedlichen Verständnis von «Regulierung» operiert wird,69 und «regulation» daher – ähnlich übrigens wie «governance» – keiner präzisen deutschen Übersetzung zugänglich ist,70 bleibt allen Schattierungen des Begriffs gemeinsam, dass Regeln in einen Wirkungszusammenhang gestellt werden: Mit «Regulierung» sollen Wirkungen erzielt werden. 71 Diese Feststellung ist nur auf den ersten Blick «trivial».72 Recht als Produkt der Politik ist nämlich nicht stets auf die Änderung tatsächlicher Zustände gerichtet, sondern soll sich nach dem Willen der rechtsetzenden Organe zuweilen in der bloßen Demonstration von Gestaltungswillen und damit in politischer Symbolik erschöpfen.73 Von politischen Behörden ausgehende «Regulierungen» sind demgegenüber stets das Produkt instrumenteller Politik.74 Das festgestellte Charakteristikum eines Wirkungszusammenhangs ist aus einer rechtstheoretischen Perspektive insofern ertragreich, als dass das Rechtssystem als am Einzelfall orientierte, gerichtszentrierte Interpretationswissenschaft traditionell nicht auf die erzeugten Folgen hin ausgerichtet ist, sondern sich der nachgelagerten Überprüfung des Vorentschiedenen widmet. Indem der holistische Regulierungsbegriff die traditionelle interne Trennlinie des Rechtssystems überwindet, lässt sich Recht als Steuerungsinstrument im Sinne eines Elements einer an den erzielten oder erzielbaren Wirkungen interessierten Regelungstheorie verstehen.

13Vor diesem Hintergrund soll dann von «Regulierungen» die Rede sein, wenn es um die regelhafte, Folgen intendierende Einwirkung von Akteuren mit Verwaltungsfunktionen auf soziale Prozesse und Zustände geht. Epistemisch ist mit einer regulierungstheoretischen Sichtweise folglich erstens eine Erweiterung der Perspektive verbunden, die das Recht mit der inhaltlichen Dimension der Politik – der «policy» – verknüpft. Zweitens führt die Ausrichtung auf die Steuerungs- und Wirkungsebene zu einer Aufgabe der überkommenen rechtsaktbezogenen Fixierung und damit zu einem Perspektivenwechsel innerhalb der Verwaltungsrechtswissenschaft. Hierin liegt denn auch die Verbindungslinie zur «Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft», plädiert Letztere doch für eine Abkehr von der «rechtsaktbezogenen Perspektive» der Rechtswissenschaft als Interpretationswissenschaft und für eine Hinwendung zu einer Handlungs-, Entscheidungs- und Wirkungsorientierung. 75

14Zu betonen ist dabei der Stellenwert eines «differenziert-integrativen Ansatzes».76 Der Einbezug einer regulierungstheoretischen, mithin vornehmlich sozialwissenschaftlich informierten Sichtweise verpflichtet in besonderem Maß dazu, Argumente auf ihre normative Begründetheit zu überprüfen. Beispielsweise gehört die Auffassung, dass sich staatliche «Regulierungen» grundsätzlich nur bei Marktversagen oder negativen externen Effekten (Externalitäten) rechtfertigen lassen, zum Standardrepertoire einer ökonomisch informierten Regulierungstheorie.77 Aus rechtlicher Sicht vermag das Argument eines möglicherweise bestehenden Marktversagens hinsichtlich der Produktion eines bestimmten Gutes jedoch nur Indizien dafür zu liefern, ob und in welchem Maß ein öffentliches Interesse daran bestehen könnte, dass das entsprechende Gut durch ein öffentliches Unternehmen bereitgestellt wird. 78 Ob aber Marktversagen und Externalitäten die einzigen Rechtfertigungsgründe für die Existenz eines wirtschaftlich tätigen öffentlichen Unternehmens sind, lässt sich dagegen nur aufgrund der maßgebenden normativen Grundlage entscheiden.79

III. Regulierungsrecht und verwaltungsrechtliche Systembildung

15Wenn nun also dem Regulierungsbegriff auch im Rechtssystem erkenntnistheoretischer Wert zukommt, folgt daraus nicht notwendig, dass ein bestimmter Teil des Rechtsstoffs über Besonderheiten verfügt, die ihn als wie auch immer definiertes «Regulierungsrecht» ausweisen. Vielmehr besteht die Vermutung, dass die Abschichtung eines besonderen «Regulierungsrechts» in der deutschen Wissenschaft vom Verwaltungsrecht wesentlich auf die legislatorische Zufälligkeit zurückgeht, dass der Regulierungsbegriff in Netzwirtschaften betreffenden Gesetzen (Telekommunikationsgesetz, Postgesetz, Energiewirtschaftsgesetz) umschrieben worden ist.80 Erst aus diesem «genetischen Kern» des Regulierungsrechts81 ergibt sich ein Zusammenhang zwischen der Liberalisierung vormals staatlicher Monopole durch Aufgabenprivatisierung und einem Verständnis des Regulierungsrechts als «Privatisierungsfolgerecht». 82 Dieser Konnex erscheint indessen mit Blick auf die erstmalige positivrechtliche Verortung des Regulierungsbegriffs im schweizerischen Bundesverwaltungsrecht jenseits des Rechts der Netzwirtschaften – im Finanzmarktrecht nämlich83 – keineswegs zwingend.

16Vor diesem Hintergrund vermag es auch nicht zu erstaunen, dass über den Begriff der Regulierung im regulierungsrechtlichen Sinn Uneinigkeit herrscht:84 Teilweise wird der Begriff für zweckgerichtete, hoheitliche Einwirkungen auf soziale und wirtschaftliche Prozesse reserviert,85 wogegen eine engere Variante den Ausdruck auf die Einwirkung hoheitlichen Handelns auf bestimmte Wirtschaftssektoren oder zumindest «auf den wirtschaftlich geprägten Teil eines Lebensbereichs» reduzieren will.86 Aufgrund der dargestellten Wurzeln des Regulierungsbegriffs im angelsächsischen Rechtskreis drängt sich diese Begriffsverengung indessen nicht auf.87 Folgerichtig wird auch das Umweltrecht, dessen Gehalt sich zumindest nicht durchgehend als «wirtschaftlich» bezeichnen lässt, als «wichtiges Feld» des Regulierungsrechts identifiziert.88

17Die Charakteristiken, die jenen Rechtsgebieten gemeinsam sind, die üblicherweise dem «Regulierungsrecht» zugerechnet werden, 89 scheinen sich ohnehin nicht vollständig und direkt über den unklar konturierten Regulierungsbegriff zu erschließen.90 Kennzeichnend für die verschiedenen Referenzgebiete vom Telekommunikations- bis hin zum Abfallrecht als Teilgebiet des Umweltrechts ist vielmehr, dass sich der Staat seit dem späten 20. Jahrhundert darauf verlegt hat, bloß zu gewährleisten, dass bestimmte Leistungen – etwa im Bereich der Fernmeldedienste oder der Abfallentsorgung – überhaupt erbracht werden (Gewährleistungsverantwortung), er aber davon absieht, die entsprechenden Güter selbst durch eine Verwaltungseinheit bereitzustellen (volle Erfüllungsverantwortung als Verwaltungsaufgabe).91 Dem Regulierungsrecht zuzuordnende Rechtssätze gestalten und strukturieren daher Märkte und sind auf dauerhafte Einwirkung, Einhegung und Begleitung des Marktgeschehens hin ausgerichtet.92 In dieser Perspektive werden denn auch die Verbindungslinien zum sozialwissenschaftlich geprägten Regulierungsbegriff sichtbar: Das Regulierungsrecht adaptiert jene Umschreibung von «Regulation», die für den «Regulatory State» prägend ist (vgl. Ziff. III).

18Demnach lässt sich «Regulierung» im Sinne des Regulierungsrechts als die regelhafte, Folgen intendierende, förmliche oder schlichte, insbesondere informelle, typischerweise dauerhafte und gestaltende Einwirkung von Akteuren mit nationalen, trans-, supra- oder internationalen Verwaltungsfunktionen auf soziale Prozesse und Zustände, speziell durch Aufsicht, Rechtsdurchsetzung und administrative Rechtserzeugung, nicht aber durch unmittelbare staatliche Leistungserbringung oder Güterverteilung, umschreiben.93 Vom Regulierungsbegriff mitumfasst ist damit auch etwa die «administrative Informationsarbeit»,94 also die im transnationalen und internationalen Kontext zentrale Verhaltensbeeinflussung von Akteuren der Verwaltung, die in Netzwerken verbunden sind, durch Information («regulation by information» 95). In diesem Sinn umschrieben ist das Regulierungsrecht auch einem Verständnis als «Gewährleistungsverwaltungsrecht» zugänglich.96

19«Regulierungsrecht» erweist sich in dieser Perspektive nicht als ein nach durchgängig einheitlichen Kriterien strukturiertes, monolithisches Rechtsgebiet, das sich auf strukturell weitgehend identische Regulierungsgegenstände bezieht. Vielmehr kann «Regulierungsrecht» als heuristisches und analytisches Konzept verstanden, jene Merkmale bündeln, die für jene Rechtsgebiete charakteristisch sind, die vom Rückzug des Staates auf seine Gewährleistungsverantwortung betroffen sind.97 Der regulierungsrechtliche Ansatz bietet demgemäß das Potenzial, für identische Problemlagen im Sinne der verwaltungsrechtlichen Systembildung übergreifende Regelungsmodelle zu entwickeln. 98

IV. Charakteristiken und staatstheoretische Voraussetzungen von «Regulierung» und «regulierter Selbstregulierung»

A. Kennzeichen regulierter Selbstregulierung

20Mit dem Aspekt der Gewährleistungsverantwortung steht auch das Konzept der «regulierten Selbstregulierung» – zuweilen auch als «gesteuerte Selbstregulierung» bezeichnet 99 – in Zusammenhang. Dessen Charakteristikum liegt im Zusammenwirken von hoheitlich ordnender und einhegender Normsetzung einerseits und Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation andererseits. «Essenz des Begriffs» der regulierten Selbstregulierung ist mithin «der Verbund». 100 Hinzu tritt ein weiteres Element: Die Kräfte gesellschaftlicher Selbstorganisation sollen durch eine hoheitliche Rahmenordnung zur Verwirklichung von als öffentlich definierten Interessen beitragen. Insofern unterstreicht die Strategie der regulierten Selbstregulierung nicht den grundrechtlich prima facie geschützten «wildwüchsige[n] Freiheitsgebrauch der Grundrechtsberechtigten»,101 sondern versucht, gesellschaftliche Selbstorganisation zur Erreichung von Gemeinwohlzielen zu kanalisieren. Der verfassungsrechtliche Freiheitsgebrauch wird insofern «regulatorisch überformt»102 und für die Verwirklichung öffentlicher Interessen in Dienst genommen. 103 Da sich die regulierte Selbstregulierung dadurch auszeichnet, dass die gesellschaftliche Selbstorganisation mit der planmäßigen hoheitlichen Einwirkung um eine auf höherem Niveau angesiedelte Steuerungsebene ergänzt wird, ist im angelsächsischen Schrifttum die Bezeichnung «meta-regulation» gängig.104 Die Verheißung regulierter Selbstregulierung liegt vor allem darin, dass ein höheres Maß an Expertise, Fachwissen und Sachnähe zu inhaltlich angemesseneren, schneller, flexibler und kostengünstiger durchsetzbaren und bei den Betroffenen auf höhere Akzeptanz stoßenden Regeln führt. 105 Neben der prekären demokratischen Legitimation der Normsetzung im Verfahren regulierter Selbstregulierung sieht sich diese Regulierungsstrategie hauptsächlich den Vorwürfen ausgesetzt, vor allem den Interessen der Regulierten selbst zu dienen (capture-Phänomen)106 und die Komplexität der Steuerung durch undurchsichtige institutionelle Arrangements und Verantwortungszusammenhänge auf ineffiziente Weise zu potenzieren.107

21Vor diesem Hintergrund erhellt sich, dass der im Bereich der «[regulierten] Selbstregulierung» verwendete Regulierungsbegriff weder semantisch noch dogmatisch dem vorstehend unter Ziff. III für das Regulierungsrecht entwickelten Regulierungsbegriff entspricht. «Regulierung» im Sinne der Selbstregulierung ist in der gesellschaftlichen Sphäre beheimatet. Selbstregulierung impliziert gleichwohl keine bloß «spontane Ordnung»,108 sondern verlangt ein Mindestmaß an privaten Absprachen, selbstauferlegten Verhaltenspflichten und organisatorischen Vorkehrungen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks.109 «Selbstregulierung» steht zusammengefasst für durch organisatorische und andere rechtliche und tatsächliche Vorkehrungen relativ stabilisierte Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation.

B. Einbettung in das Staatsmodell des «Gewährleistungsstaates»

22Die Verbindungslinie zwischen regulierter Selbstregulierung und Regulierungsrecht liegt in dem für beide Konzepte maßgebenden Staatsmodell: Beide Konzepte beruhen auf der Prämisse einer auf Gewährleistungsverantwortung zurückgenommenen staatlichen Verantwortung (vgl. Ziff. III). Vor diesem Hintergrund kann sich der Verbund gesellschaftlicher Selbstorganisation und hoheitlicher Steuerung als probate Strategie erweisen, die intendierten Gemeinwohlziele mit effizientem Ressourceneinsatz zu erreichen. Die herausgearbeitete, für die regulierte Selbstregulierung charakteristische Möglichkeit des durch hoheitliche Regelungen überformten verfassungsrechtlichen Freiheitsgebrauchs beruht indessen auf einer Reihe historisch kontingenter Faktoren.110 Wie bereits angedeutet, setzte das Konzept der regulierten Selbstregulierung zunächst einen Staat voraus, der eine «virtuelle Allzuständigkeit» beansprucht111 und an der damit verbundenen Verantwortung festhält, sich indessen von der umfassenden und unmittelbaren Aufgabenerfüllung, wie sie für den Leistungsstaat charakteristisch ist, verabschiedet hat. Mithin reduziert der Staat den Grad der durch die Verwaltung selbst erbrachten Leistungen und zieht sich auf die Überwachung und Steuerung von im öffentlichen Interesse liegenden Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation zurück.112 Dieser Rückzug von der unmittelbaren Aufgabenerfüllung auf die Wahrnehmung der Gewährleistungsverantwortung ist Ausdruck des als «Gewährleistungsstaat» 113 bezeichneten Staatsmodells.114 Die darin für die gesellschaftliche Selbstorganisation vorgesehenen Gestaltungsräume zur privaten Normsetzung, Selbstkontrolle und Organisation («Selbstregulierung») sind aufgrund hoheitlicher Regulierung von den angesprochenen gesellschaftlichen Akteuren zum Zweck der Verwirklichung öffentlicher Interessen zu nutzen. Sie beruhen mithin auf als Folge der Rücknahme unmittelbar eigener Aufgabenerfüllung rechtlich eingeräumter, nicht auf originärer, gleichsam «vorgefundener» Autonomie.

23Formen der gesellschaftlichen Selbstorganisation während der vermeintlichen oder tatsächlichen Hochblüte des liberalen, durch Distanznahme zur Gesellschaft geprägten Verfassungsstaates des 19. Jahrhunderts oder des diesen ablösenden und sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdichtenden Interventionsstaates gründen demgegenüber auf anderen Voraussetzungen: Beide Staatsmodelle beruhen auf einer Konzeption von Freiheit, die bestimmte Aufgaben in der gesellschaftlichen Sphäre belässt und die Übernahme staatlicher Verantwortung in Bereichen vormaliger gesellschaftlicher Selbstorganisation als «Intervention» in vorbestehende Privatautonomie deutet.115 Gesellschaftliche, im öffentlichen Interesse liegende Selbstorganisation basiert in diesem Koordinatensystem daher auf der Wahrnehmung einer als vorgefunden verstandenen Freiheit.

24Diese Wechselwirkungen zwischen verfassungsrechtlicher Zuordnung von Freiheit und Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation lassen sich am Beispiel der Berufsbildung im schweizerischen Bundesstaat illustrieren. 116 Berufsbildung fiel in den meisten schweizerischen Kantonen bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts in den Bereich der privaten Selbstorganisation, indem sie vornehmlich durch Zünfte gestaltet wurde. Da ein Auszubildender (Geselle) eng und langjährig an den Ausbildner (Meister) gebunden war, bestanden für Letzteren genügend ökonomische Anreize, in die Ausbildung und damit in das Humankapital des Angestellten zu investieren. Mit der 1874 erfolgten Einführung der Wirtschaftsfreiheit als individuelles Grundrecht wurde der Zunftherrschaft in sämtlichen Kantonen ein Ende bereitet und die beschriebene Anreizstruktur fiel dahin. Da Auszubildende nicht mehr langfristig an den Betrieb gebunden werden konnten, lief ein Ausbildungsbetrieb Gefahr, einen Gesellen auszubilden, ohne später von den vermittelten Fähigkeiten profitieren zu können, was sich negativ auf die Qualität der Berufsbildung auswirkte. Entsprechend sah sich der Staat im frühen 20. Jahrhundert genötigt, die Berufsbildung finanziell zu unterstützen und den «Organisationen der Arbeitswelt» – also insbesondere Sozialpartnern und Berufsverbänden – die Kompetenz einzuräumen, Zulassungsbedingungen, Lerninhalte, Qualifikationsverfahren, Ausweise und Titel festzulegen. 117 Ob die Berufsbildung nun von den im 19. Jahrhundert als staatlich protegierte Produktionskartelle in Misskredit gebrachten Zünften118 getragen wurde oder als «gemeinsame Aufgabe» des Staates und der Sozialpartner und Berufsverbände bezeichnet wird119 – in beiden Fällen waren an der Regulierung gesellschaftliche und staatliche Kräfte beteiligt. Indessen hatte sich mit den geänderten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen die Qualität dieses Verbunds von gesellschaftlicher Selbstorganisation und hoheitlicher Steuerung verändert. Rechtshistorische Forschung, die sich dem Untersuchungsgegenstand der «regulierten Selbstregulierung» wörtlich verschreibt, ist daher mit der methodisch kaum zu bewältigenden Herausforderung konfrontiert, unbesehen geänderter staatstheoretischer Ausgangsbedingungen identische Kooperationsformen aufzuspüren.

C. Koordination staatlicher und privater Interessen im Hinblick auf gemeinwohlrelevante Ziele in rechtshistorischer Perspektive120

1. Sogwirkung verwaltungsrechtlicher Begriffsbildung?

25Die aufgezeigte Einbettung des verwaltungsrechtlichen Konzepts der regulierten Selbstregulierung in ein bestimmtes, historisch kontingentes, insbesondere verfassungsrechtlich begründetes Staatsmodell weist auf die Notwendigkeit hin, den Untersuchungsgegenstand rechtshistorischer Forschung losgelöst von der verwaltungsrechtlichen Begriffsbildung zu bestimmen. Mit dieser methodischen Problematik sehen sich auch die Beiträge in dem von Peter Collin, Gerd Bender, Stefan Ruppert (alle Frankfurt am Main), Margrit Seckelmann (Speyer) und Michael Stolleis (Frankfurt am Main) gemeinsam herausgegebenen Band zur «Regulierte[n] Selbstregulierung im frühen Interventions- und Sozialstaat»121 konfrontiert, dessen Besprechung in diesem Rahmen einen rechtshistorisch informierten Zugang zur Thematik der Regulierung ermöglicht. Peter Collin präsentiert in seinem Aufsatz zu Beginn des ersten Bandes der Reihe, in der das anzuzeigende Werk erschienen ist, methodisch konsequent eine weit ausgreifende Definition der «Regulierten Selbstregulierung»: Er subsumiert jede organisatorisch gefestigte Koordination staatlicher und privater Interessen im Hinblick auf gemeinwohlrelevante Ziele unter den Begriff. 122

26Wird der rechtshistorischen Untersuchung eine derart umfassende Bestimmung ihres Gegenstandes zugrunde gelegt, bleibt die methodisch gebotene disziplinäre Eigenständigkeit der rechtshistorischen Forschung gegenüber der Verwaltungsrechtswissenschaft gewahrt. Ein Phänomen wie dasjenige der Berufsbildung (vgl. Ziff. IV/B) lässt sich dadurch trotz stark gewandelter äußerer Bestimmungsfaktoren über größere Zeiträume beobachten und beschreiben. Die autonome, im Vergleich zur verwaltungsrechtlich geformten Umschreibung deutlich weiter gefasste Begriffsbestimmung dürfte sich für die rechtshistorische Forschung überdies generell als in besonderem Maß ertragreich erweisen, da sie – wie die Beiträge im anzuzeigenden Band unterstreichen – ein differenziertes Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft sichtbar macht, das die in der staats- und verwaltungsrechtlichen Literatur retrospektiv oft suggerierte Vorstellung einer historisch beobachtbaren strikten Sphärentrennung stark relativiert.123 Die Sichtbarmachung vielfältiger Kooperationsformen zwischen der Verwaltung und Privaten könnte zudem die bereits in der wegweisenden verwaltungsrechtlichen Literatur des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts angelegte Tendenz aufbrechen, Verwaltungshandeln auf ein striktes Subordinationsverhältnis – in älterer, noch pointierterer Diktion als «Unterworfensein (…) als Untertan» 124 beschrieben125 – zwischen Staat und Bürger zu reduzieren. Hinsichtlich der Rechtsformen des Verwaltungshandelns ließe sich damit die Verfügung kaum mehr als (alleinige) Vollendung des Rechtsstaates126 feiern und der verwaltungsrechtliche Vertrag als Anomalie beargwöhnen.127

27Gleichwohl lässt sich feststellen, dass diese autonome Definition des Untersuchungsgegenstandes bei den Autorinnen und Autoren des anzuzeigenden Bandes nur auf verhaltenen Widerhall gestoßen ist. Zu groß scheint die Sogwirkung verwaltungsrechtlicher Begriffsbildung. Der Versuch, unmittelbar an den modernen, verwaltungsrechtlichen Begriff anzuschließen, wird gleich in mehreren Beiträgen des anzuzeigenden Bandes unternommen. Dies klingt in Formulierungen an, wonach mit der «regulierten Selbstregulierung» ein «moderner Begriff aus der Politik- und Verwaltungswissenschaft» an das untersuchte historische Phänomen «herangetragen» werde 128 oder dass die im betreffenden Beitrag behandelte Thematik weder «zu den Referenzgebieten» 129 noch «zum Kernbereich regulierter Selbstregulierungs-Praxen» zähle.130 Ähnliche Vorbehalte schimmern im Befund durch, dass autonome Rechtsetzung (nur) dann als Form der «regulierten Selbstregulierung» verstanden werden könne, wenn man in der bloßen staatlichen Beschränkung vorbestehender körperschaftlicher Autonomie bereits «eine Form der staatlichen ‹Regulierung› erblicken» wolle 131 oder dass die behandelte Thematik die regulierte Selbstregulierung nicht «in Reingestalt» abzubilden vermöge. 132 Wäre der übergreifende rechtshistorische Untersuchungsgegenstand im Titel des Sammelwerkes mit einer eigenständigen Umschreibung zum Ausdruck gebracht worden, hätten derartige verzichtbar scheinende Relativierungen wohl vermieden werden können.

2. Vielfalt der Koordinationsformen

28Die zwölf im anzuzeigenden, in drei Kapitel unterteilten Band133 versammelten Beiträge decken ein thematisch heterogenes Feld ab und verdeutlichen damit die Vielfalt der Kooperationsformen über die Trennlinie Staat/Gesellschaft in rechtshistorischer Perspektive. Thematisch erstreckt sich der Band von ideengeschichtlichen Abhandlungen über Fragestellungen des Kommunal-, Steuer-, Versicherungs-, Bahn-, Arbeits- und Lebensmittelrechts bis zur Politikberatung. Keiner der Beiträge ist den klassischen freien Berufen – also etwa dem Beruf des Rechtsanwalts und der Rechtsanwältin, des Arztes und der Ärztin oder des Apothekers und der Apothekerin – gewidmet. Dies, obwohl die entsprechenden Regulierungen verbreitet sowohl historisch als auch gegenwärtig auf Verflechtungen zwischen Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation und hoheitlicher Rechtsetzung beruhen134 und daher ein gewichtiges Beispiel für Varianten «regulierter Selbstregulierung» bilden.135 Ob angesichts der aufgezeigten Themenvielfalt stets ein klarer gemeinsamer Bezugspunkt vorliegt, mag bezweifelt werden. Das gilt besonders für die Politikberatung. Diese lässt sich aus heutiger Sicht zwar als eine Form der Regulierung verstehen (regulation by information).136 Die Verbindungslinie zur gesellschaftlichen Selbstorganisation ist indessen nur sehr undeutlich auszumachen. So erschließt sich nicht unmittelbar, worin das Element der Selbstorganisation zu suchen ist, wenn sich die Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes durch einen «Kolonialrat» beraten lässt, der sich aus Personen zusammensetzt, die «Kolonialgesellschaften und -interessen» repräsentieren.137 Diese Konstellation deutet weniger auf Selbstorganisation, als vielmehr auf den Versuch hin, durch die Beeinflussung staatlicher Regulierung im eigenen Interesse finanzielle Vorteile zu erzielen. Bezüge zwischen diesem in der Politischen Ökonomie (public choice theory) als Rentenstreben (rent-seeking) bezeichneten, mit dem capture-Tatbestand verwandten Phänomen 138 und «regulierter Selbstregulierung» bestehen konzeptionell kaum, auch wenn eben diese Regulierungsstrategie in der Praxis für entsprechende volkswirtschaftlich ineffiziente Praktiken missbraucht werden kann (vgl. Ziff. II/C und IV/A).

3. Teil I: «Schlüsseldiskurse in Recht und Politik»

29In dem unter dem Titel «Autonomie als Rechtsquelle: Die Diskussion über nicht-staatliche Rechtsetzungsbefugnisse» stehenden Beitrag vertritt Carsten Kremer die gut begründete These, wonach der Ausdruck «Autonomie» im Zuge der Herausbildung einer vom Gedanken des Rechtsstaates getragenen Verwaltungsrechtswissenschaft eine andere Bedeutung gewonnen hat: Wurde die Autonomie von Personal- und Gebietskörperschaften (Gemeinden, Universitäten etc.) im früheren 19. Jahrhundert als eigenständige Rechtsquelle verstanden, gelangte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Auffassung zum Durchbruch, dass private Normsetzung eingedenk des als rechtsstaatlich unerlässlich verstandenen staatlichen Rechtsetzungsmonopols nur auf der Grundlage einer staatlichen Delegationsnorm denkbar ist. Diese Akzentverschiebung ist im Staats- und Verwaltungsrecht vor allem mit Paul Laband und Otto Meyer verbunden. Demgegenüber verstand Fritz Fleiner «Autonomie» auch in der letzten Auflage seiner «Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts» von 1928 als «eine vom Staate unabhängige Rechtsquelle», die «den Beweis» liefere, «dass der Staat nicht der einzige Schöpfer des Rechts» sei.139

30 Kathrin Groh untersucht unter dem Titel «Gesellschaftliche Selbststeuerung? Verbändepluralismus und demokratische Staatslehre in der Weimarer Republik» die Einschätzung der Rolle der Verbände durch die Weimarer Staatsrechtswissenschaft. Der Beitrag legt unter Bezugnahme auf prominente demokratisch gesinnte Vertreter (Gerhard Anschütz, Hermann Heller, Hans Kelsen, Hugo Preuss, Richard Thoma) dar, dass die Weimarer Staatsrechtslehre der Interessenvertretung durch Verbände insgesamt wohlwollend gegenübergestanden und erst die Bonner Republik die Weimarer «Parteienprüderie» durch eine «Verbandsprüderie»140 ersetzt habe. Die Schwierigkeiten, die ausgeprägt demokratische Verfasstheit des Staates mit der organisierten Interessenvertretung durch Verbände konzeptionell in Übereinstimmung zu bringen, lassen sich im Übrigen in der Nachkriegszeit auch für die Schweiz beobachten.141

31In seinem Beitrag «Tarifautonomie, Regulierte Selbstregulierung, Korporatismus. Eine Skizze» schildert Gerd Bender das kollektive Arbeitsrecht als «den vielleicht bedeutendsten ‹Fall› der ‹Regulierten Selbstregulierung›, den die Geschichte hervorgebracht hat (…).» 142 Im Kontext der soziologisch verstandenen «Arbeitsverfassung Deutschlands»143 lotet Bender die Interaktion politischer und verbandlicher Positionen auf einer mittleren Abstraktionsebene aus und konstatiert schließlich, dass «[a]m Ende Weimars (…) die Selbstregulierung» im Bereich der kollektiven Arbeitsbedingungen «ganz und gar» geendet habe und verstaatlicht worden sei.144

32 Jürgen Schmidt geht in seinem Aufsatz unter dem Titel «Regulierte Selbstregulierung und Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert in Deutschland» dem Phänomen der Integration privater Selbstorganisation in staatlichen Regulierungsstrategien nach. Deutlich zeigt Schmidt dabei die Wechselwirkungen zwischen privater Binnenorganisation («interne Selbstregulierung») und staatlicher Rechtsetzung auf. Einerseits habe etwa der hohe Grad demokratischer Mitwirkung der Arbeiterbewegung Vorbildcharakter für staatliche Institutionen gewonnen und die den Mitgliedern intern auferlegte Verpflichtung zum gesellschaftlichen Engagement habe die politische Durchschlagskraft sozialer Ideen erhöht. Andererseits hätten die Erfolge der Arbeiterschaft die Behörden nicht nur zur hoheitlich-imperialen Regulierung gezwungen, sondern auch die Übernahme von Aufgaben wie der Arbeitsvermittlung durch die Verwaltung ermöglicht, nachdem die Kapazitäten der Gewerkschaften zusehends an Grenzen gestoßen seien.

4. Teil II: «Referenzgebiete des Rechts»

33 Mathias Schmoeckel stellt die Frage, ob es eine «allgemeine Wirtschaftsfreiheit im 19. Jahrhundert je gab»,145 in den Mittelpunkt seiner Untersuchung einer «Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung im 19. Jahrhundert am Beispiel der Bahn». Er kommt dabei zum Schluss, «dass es zumindest in Preußen sehr wohl eine wirtschaftsliberale Epoche gab, in der sich der Staat aus dem Wirtschaftsgeschehen in prononcierter Weise heraushielt.»146 Diesen Umstand bringt Schmoeckel in direkten Bezug zur Staatsauffassung Immanuel Kants, seien doch die preußischen Beamten «von Kant beeinflusst» gewesen und hätten daher «die Freiheit der Wirtschaft zu befördern» versucht.147 Nachdem dieser ideengeschichtliche Rekurs auf an Kant erinnernde Freiheitsvorstellungen auch durch mindestens einen konkreten Textnachweis dokumentiert wird,148 stellt sich indessen die Frage, in welcher Weise und in welchem Maß staatsphilosophische Grundüberzeugungen für Beamte und Politiker im Verhältnis zu gegenläufigen Interessen tatsächlich handlungsleitend gewesen sein können.149 Der ab 1873 einsetzende, auf das «Gründerfieber» folgende «Gründerkrach» mit dem daran anschließenden, zeitgenössisch als «Große Depression» bezeichneten konjunkturellen Einbruch,150 scheint nämlich auch gemäß der Analyse Schmoeckels den Umschwung hin zum Modell der Staatsbahn und damit die Abkehr vom liberalen Staatsmodell energisch beschleunigt zu haben.151 Die Vehemenz und Schnelligkeit, mit der diese «Umwertung» gemäß der Analyse Schmoeckels vollzogen worden ist,152 deutet an, dass politische und staatsphilosophische Grundüberzeugungen nur einen von vielen handlungsleitenden Faktoren politischer Akteure bilden.153

34Der Beitrag von Wolfgang Ayass steht unter dem Titel «Regulierte Selbstregulierung in den Berufsgenossenschaften der gesetzlichen Unfallversicherung». Träger der Unfallversicherung sind seit 1885 die Berufsgenossenschaften als mit Selbstverwaltungsrecht ausgestattete, selbstständige Körperschaften öffentlichen Rechts mit Zwangsmitgliedschaft. Im Kontext der Selbstregulierung wesentlich ist dabei der Umstand, dass mit der beschriebenen Ausgestaltung der Berufsgenossenschaften die Senkung der Unfallhäufigkeit intendiert war. 154 Solche Präventionsanstrengungen kommen der Allgemeinheit zugute und stellen daher ökonomisch betrachtet ein öffentliches Gut dar. Wie sich im Zuge der Liberalisierung der staatlichen Gebietsmonopole im Bereich der Gebäudeversicherung gezeigt hat, sind Private ökonomischer Rationalität folgend oft nicht bereit, ausreichend in derartige öffentliche Güter zu investieren. Dies kann zu ineffizienten privatwirtschaftlichen Versicherungsmodellen und damit zu einem insgesamt signifikant höheren Preisniveau führen.155 Vor diesem Hintergrund vermag es nicht zu erstaunen, dass die Analyse von Ayass erhebliche Anstrengungen der Berufsgenossenschaften im Bereich der Prävention nachweisen kann, sei es durch den Erlass entsprechender Vorschriften, sei es durch Kontrollen seitens «Beauftragter».156

35 Peter Collin ordnet in seinem mit «Kommunalrecht unter Regulierungsdruck in der Weimarer Zeit» überschriebenen Aufsatz die kommunale Selbstverwaltung für die Zeit des 19. Jahrhunderts der gesellschaftlichen, nicht der staatlichen Sphäre zu. 157 Er macht mit der Änderung des Finanzrechts, der umfassend verrechtlichten und damit technokratisch ausgestalteten Sozialfürsorge und der Verschärfung des Aufsichtsrechts drei Entwicklungslinien aus, welche die kommunale Autonomie in der Weimarer Republik rechtlich oder faktisch in unterschiedlichem Maß eingeschnürt haben.158 Collin deutet den in der Weimarer Republik als «Krise der Selbstverwaltung» thematisierten Prozess als Übergang der Kommune von einer durch Selbstbestimmung geprägten Korporation zu einer mit der Erfüllung fremder Aufgaben befassten Gebietskörperschaft öffentlichen Rechts.159

36Im abschließenden Beitrag des II. Teils des Bandes widmet sich Andreas Thier dem Thema «Regulierte Selbstregulierung und Steuerrecht im Kaiserreich». Er zeichnet dabei die rasante Zunahme der individuellen Steuerbelastung im Zeitraum zwischen 1850 und 1914 nach und weist darauf hin, dass bereits im 18. Jahrhundert Tendenzen ausgemacht werden können, das Steuerrecht unter Wahrung seines fiskalischen Hauptzwecks zur Verhaltenssteuerung einzusetzen. Steuern sind demnach auch in historischer Perspektive weit mehr als der bloße Preis «we pay for civilized society»,160 der es dem Staat durch die Gewinnung finanzieller Mittel ermöglicht, für Sicherheit, Ordnung und einen gewissen sozialen Ausgleich zu sorgen.161 In seinem Beitrag unterscheidet Thier drei Felder der Einwirkung der Steuergesetzgebung auf Prozesse gesellschaftlicher Selbstorganisation: privatrechtliche Marktordnung, kommunale Ordnungsstrukturen und Wahlrechtsordnung. Hinsichtlich der Wechselwirkung zwischen Steuergesetzgebung und privatrechtlicher Marktordnung stellt Thier fest, dass sich in der Debatte um die preußische Steuergesetzgebung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Einsicht durchgesetzt habe, dass die wachsende Ungleichheit hinsichtlich der Vermögens- und Einkommensverhältnisse eine Neukonzeption des Prinzips der Allgemeinheit und Gleichheit der Besteuerung notwendig mache. Vor dem Hintergrund, dass die Reformbemühungen 1891/92 in höheren Belastungen für bewegliches Kapital und Aktienbesitz mündeten, formuliert Thier die These, wonach das Steuerrecht trotz praktisch fehlender normativer Querverbindungen die Funktion einer Auffangordnung des Privatrechts übernommen habe, indem es mittlere Einkommen entlastete und Gewinne marktwirtschaftlicher Tätigkeiten zwar intensiver abschöpfte, den Kapitalismus aber nicht eigentlich begrenzte.162 Ausgangspunkt der Analyse des Verhältnisses von Steuergesetzgebung und kommunalen Ordnungsstrukturen bildet das gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Preußen konstatierte Missverhältnis zwischen dem Aufgabenwachstum im Bereich der kommunalen Leistungsverwaltung einerseits und der Komplexität der Erhebung der Kommunalsteuern anderseits, die sich wesentlich aus Zuschlägen auf die staatliche Personalsteuer zusammensetzten.163 Weil Grundeigentümer und Gewerbetreibende in besonderem Maß von der kommunalen Investitionstätigkeit profitierten, sollten die staatlichen Realsteuern auf die Kommunen übergehen.164 Da aber die Gutsbezirke aufgrund ihres kommunalrechtlichen Sonderstatus dadurch realsteuerrechtlich privilegiert wurden, fällt die Bilanz der entsprechenden Regulierungsbemühungen nach Einschätzung Thiers gemischt aus.165 Der Wirkungszusammenhang zwischen Steuerrechtsgesetzgebung und Wahlrechtsordnung schließlich, wurde durch das preußische Dreiklassenwahlrecht erzeugt, das auf die geschuldeten direkten Staatsschulden abstellte.166 Thier vermag allerdings nachzuweisen, dass diese Akzessorietät zwischen Steuerrecht und Wahlrechtsordnung im Interesse des Machterhalts der sozialen Eliten begrenzt worden ist.167

5. Teil III: «Praxisfelder»

37Unter dem Haupttitel «Parität und ‹billiges Ermessen›» untersucht Karl Christian Führer gemäß dem Untertitel seines Beitrags «[d]ie regulierte Selbstregulierung als Mittel der Wohnungs- und Mietenpolitik im späten Kaiserreich und in der jungen Weimarer Republik». Im Mittelpunkt stehen dabei die «Mieteinigungsämter», die für die Entscheidung bestimmter Streitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern zuständig waren. Führer stellt die relativ kurze Episode dieses Modells der regulierten Selbstregulierung als Versuch der Politik dar, sich angesichts des überproportional großen politischen Einflusses der Grundeigentümer der Verantwortung für die infolge der Inflation entwerteten Mieten zu entziehen. Dieser politisch motivierte Versuch habe – so die abschließende These Führers – das «Konzept der Selbstregulierung (…) als Mittel der Wohnmarktpolitik (…) auf Dauer diskreditiert (…).»168

38Der Beitrag von Thomas Buchner widmet sich der «Arbeitsvermittlung zwischen Kaiserzeit und Weimarer Republik». Gemäß der Analyse von Buchner galt Arbeitsvermittlung zunächst als Form präventiver Armutsbekämpfung und moralischer Läuterung und wurde daher von philanthropischen Vereinen, später auch von den Kommunen getragen. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wandelte sich die Arbeitsvermittlung freilich zur «öffentlichen Aufgabe mit marktregulierenden Funktionen»,169 was wenige Jahre später zu einer Verlagerung der Regulierungsbemühungen auf die Reichsebene führte. Dementsprechend hat im Bereich der Arbeitsvermittlung hoheitliche Regulierung gesellschaftliche Selbstregulierung usurpiert.

39In ihrem mit «Selbstregulierung avant la lettre?» überschriebenen Beitrag zur Nahrungsmittelindustrie im Deutschen Kaiserreich geht Vera Hierholzer zunächst auf die geltenden, wesentlich durch Sekundärrecht der Europäischen Union geformten Vorschriften über die Lebensmittelhygiene ein. Diese Normen nehmen die Produzenten direkt in die Pflicht, da eine umfassende Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit anhand von behördlichen Stichproben nicht zu bewerkstelligen wäre.170 Hierholzer legt in ihrem Beitrag dar, dass sich ähnliche Regulierungsstrategien bereits für das spätere 19. Jahrhundert nachweisen lassen, indem Branchenverbände – etwa der 1876 gegründete Verband Deutscher Schokoladenfabrikanten – für ihre Mitglieder eigene Qualitätsrichtlinien erließen. Das arbeitsteilige Regulierungsregime erhielt im frühen 20. Jahrhundert einen institutionellen, im staatlichen Recht begründeten Rahmen.

40Im letzten Beitrag des anzuzeigenden Bandes untersucht Wilfried Rudloff unter dem Titel «Politikberatung – Politikbeeinflussung – Selbstnormierung?» staatliche Beratungsgremien im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Mit der Errichtung entsprechender Gremien sollte erstens Expertenwissen für die Verwaltung verfügbar gemacht werden, zweitens die Legitimation von Entscheidungen durch den Einbezug der betroffenen Interessengruppen erhöht und drittens berufsständige Ordnungsmodelle verwirklicht werden. 171 Nach Ausführungen zur Einordnung der Politikberatung in die Thematik der Selbstregulierung – ein Zusammenhang, der höchstens schwach ausgeprägt ist (vgl. Ziff. IV/C/2) – und zur Funktion des Beirats als staatliches Beratungsgremium im Interventionsstaat, nimmt der Beitrag fünf Gremien näher in den Blick: Den 1890 begründeten, der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amtes angegliederten «Kolonialrat», den 1897 dem Reichsamt des Inneren zugeordneten «Wirtschaftlichen Ausschuss zur Vorbereitung und Begutachtung handelspolitischer Maßnahmen», den 1900 errichteten «Rechtsgesundheitsrat», den auf das Jahr 1921 zurückgehenden «Preußischen Landesgesundheitsrat» und den 1920 errichteten, berufsständischen «Vorläufigen Reichswirtschaftsrat». Bilanzierend hält Rudloff fest, dass in keinem dieser Fälle «von regulierter Selbstregulierung in Reingestalt» gesprochen werden könne.172

V. Ergebnisse und Ausblick

A. Rechtsdogmatisches Potenzial des Regulierungsbegriffs

41Im Kontext des schweizerischen Bundesverwaltungsrechts lässt sich feststellen, dass «Regulierung» in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sowohl für die Beeinflussung von Naturphänomenen durch direkte, physische Einwirkung, als auch für die normative Steuerung durch den Staat und Private verwendet wurde (Ziff. II/A). Diese bereits früh angelegte Mehrdeutigkeit des Begriffs wird gegenwärtig zusätzlich überlagert durch sowohl transnationale als auch interdisziplinäre Traditionsanschlüsse (vgl. Ziff. II/B und C). Gemeinsam ist all diesen Ansätzen, dass «Regulierung» ein holistisches Konzept beschreibt, das traditionelle Demarkationslinien, namentlich jene zwischen Einzelakt und Rechtssatz und jene zwischen öffentlichem und privatem Recht, (Ziff. II/C). Besonders offenkundig ist dieser Holismus im sozialwissenschaftlichen Kontext: Nach einem weiten, dezentrierten Ansatz gelten sämtliche regelhaften, intentional auf die Verhaltensbeeinflussung und -steuerung gerichteten Handlungen sowohl von im weiteren Sinn «staatlichen» als auch von privaten Akteuren als «Regulierungen». Während diese ausgreifende Definition je nach Untersuchungsgegenstand insbesondere für die rechtshistorische Forschung ertragreich sein dürfte, da sie auch Regeln jenseits der Staatlichkeit sichtbar macht, erscheint es im verwaltungsrechtlichen Kontext zielführend, den Regulierungsbegriff von anderen möglichen Formen der Politik oder Governance abzugrenzen. Rechnet man nämlich weder distributive Politik noch direkte Leistungserbringung durch Verwaltungseinheiten dem Regulierungsbegriff zu, werden Verbindungslinien zum Konzept des «Regulatory State» sichtbar, wodurch ein inter- und transnationaler Verständigungshorizont geschaffen wird (vgl. Ziff. II/D).

42 Analytischer Gewinn und rechtsdogmatisches Potenzial des Einbezugs von Regulierung im Sinne von regelhafter, Folgen intendierender Einwirkung von Akteuren mit Verwaltungsfunktionen auf soziale Prozesse und Zustände sind zum einen darin zu suchen, dass sämtliche Formen der Verhaltensbeeinflussung wie etwa die staatliche Informationstätigkeit als Handlungsform erfasst und bewertet werden können. Zum anderen ergeben sich über den gemeinsamen Untersuchungsgegenstand Querbezüge zur sozialwissenschaftlich informierten Regulierungstheorie. Diese Perspektivenerweiterung macht es jedoch erforderlich, normativ begründete Argumente als solche zu identifizieren und von anderen Topi abzugrenzen (vgl. Ziff. II/D). Der rechtsdogmatische Gewinn des Regulierungsrechts wiederum liegt vornehmlich in dessen Potenzial, zur verwaltungsrechtlichen Systembildung beizutragen (vgl. Ziff. III). Da weder distributive Politik noch direkte Leistungserbringung durch Verwaltungseinheiten unter den Regulierungsbegriff fallen, ist es konsequent, mit der Figur des «Regulierungsrechts» nur jene Teilrechtsgebiete zu erfassen, in denen sich der Staat von der Erfüllungsverantwortung auf die Gewährleistungsverantwortung zurückgezogen hat. Typischerweise ist damit eine dauerhafte und gestaltende Aufgabe der Verwaltung verbunden.

43 «Regulierung» im Sinne des Regulierungsrechts ist also zu definieren als regelhafte, Folgen intendierende, förmliche oder schlichte, typischerweise dauerhafte und gestaltende Einwirkung von Akteuren mit nationalen, trans-, supra- oder internationalen Verwaltungsfunktionen auf soziale Prozesse und Zustände, speziell durch Aufsicht, Rechtsdurchsetzung und administrative Rechtserzeugung, nicht aber durch unmittelbare staatliche Leistungserbringung oder Güterverteilung. Dieser für das Regulierungsrecht kennzeichnende Regulierungsbegriff vermag Rechtsgebiete, deren Regelungsgegenstände sich strukturell teilweise stark unterscheiden, im Sinne der verwaltungsrechtlichen Systembildung zu bündeln. Der regulierungsrechtliche Ansatz schafft demgemäß Grundlagen, um für identische Problemlagen übergreifende Regelungsmodelle zu entwickeln (vgl. Ziff. III).

B. Ausblick: Verwaltungsrechtswissenschaft und rechtshistorisches Erkenntnisinteresse

44Im Zuge der sich ab dem Jahr 2006 global ausbreitenden Finanzmarktkrise ist die Frage der Möglichkeiten und Grenzen regulierter Selbstregulierung (vgl. Ziff. IV/A und B) wieder stärker in den Fokus wissenschaftlicher und rechtspolitischer Diskussion gerückt. Oft sind gerade Bereiche, die erhebliche volkswirtschaftliche Gefahren und außenpolitische Reputationsrisiken bergen, Varianten regulierter Selbstregulierung unterworfen. Deutlich wird dies am Beispiel der Schweiz, wo nicht nur in wichtigen Bereichen des Finanzmarktrechts173 wie der Effektenbörsen,174 der Einlagesicherung175 oder des öffentlichen Anbietens strukturierter Produkte,176 sondern auch bei der Bekämpfung der Geldwäscherei177 auf die Strategie der regulierten Selbstregulierung vertraut wird.178 Desgleichen will die Schweizer Regierung hinsichtlich der Umsetzung ihrer «Strategie für einen steuerlich konformen und wettbewerbsfähigen Finanzplatz» (sog. «Weißgeldstrategie»), mit welcher die Annahme unversteuerter Gelder durch Banken unterbunden werden soll, auf regulierte Selbstregulierung setzen.179 Schließlich wird auch im Bereich der regelmäßig von medial stark beachteten «Lebensmittelskandalen» erschütterten Nahrungsmittelindustrie180 zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit auf regulierte Selbstregulierung vertraut, indem jedermann, der Lebensmittel, Zusatzstoffe oder Gebrauchsgegenstände herstellt, behandelt, abgibt, einführt oder ausführt, verpflichtet ist, entsprechende Produkte einer Selbstkontrolle zu unterwerfen, die einer «Guten Herstellungspraxis» entspricht.181 Aus diesen Gründen ist es vielversprechend, auch in rechtshistorischer Perspektive erneut nach den Erfahrungen zu möglichen Risiken und Chancen des Zusammenwirkens hoheitlicher Normierung und gesellschaftlicher Selbstorganisation zu fragen. Nach den vorstehend besprochenen versammelten Fallstudien (Ziff. IV/C) und den zur Veröffentlichung in einem weiteren Sammelwerk vorgesehenen rechtsvergleichenden Beiträgen182 dürfte der diesbezügliche Forschungsbedarf vor allem auf einer etwas höheren Abstraktionsebene zu lokalisieren sein, die es ermöglichen könnte, branchenübergreifende Erfolgs- und Risikofaktoren des beschriebenen Zusammenwirkens auszuloten. Auch für eine Verwaltungsrechtswissenschaft, die sich als handlungs-, entscheidungs- und wirkungsorientierte Wissenschaft versteht,183 ist es unerlässlich, empirische Möglichkeiten und Grenzen der Indienstnahme privater Selbstorganisation für öffentliche Interessen im Blick zu behalten.

Notes
*. Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M. (Yale), Assistenzprofessor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Zürich.
**. Der Beitrag schließt in Ziff. IV/C eine Besprechung von P. Collin/G. Bender/St. Ruppert/M. Seckelmann/M. Stolleis (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung im frühen Interventions- und Sozialstaat. Moderne Regulierungssysteme 2 (= Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Band 270), Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann 2012 (286 Seiten, ISBN 978-3-465-04160-3, € 74.–) ein. – Die in den Anmerkungen erwähnten Internetseiten wurden am 30. März 2013 zuletzt besucht.
1. In jüngster Zeit etwa der Preisüberwacher im Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung St. Meierhans, Wirksamer Wettbewerb oder konsequente Regulierung, Neue Zürcher Zeitung vom 8. Februar 2013, S. 23 (zur Regulierung von Preisen, die nicht das Ergebnis wirksamen Wettbewerbs sind) oder G. Weiss, Handy-Kunden zahlen zu hohen Preis, NZZ am Sonntag vom 10. Februar 2013, S. 33 (zur angestrebten Preisregulierung betreffend die Roaming-Gebühren im Mobilfunk).
2. Aus der Tagespresse letzthin etwa M. Müller, Regulierungswut ohne Grenzen, Neue Zürcher Zeitung vom 20. November 2012, S. 24 (zu einem geplanten, für den Einzelhandel geltenden Verkaufsverbot für alkoholische Getränke zwischen 22 und 6 Uhr); zum entsprechenden Gesetzentwurf des Bundesrates vgl. Art. 10 Abs. 2 Bst. b Entwurf Bundesgesetz über die Besteuerung von Spirituosen und Ethanol (E-Spirituosensteuergesetz, E-SpStG), verfügbar auf «Curia Vista», der Geschäftsdatenbank des Schweizer Parlaments (<http://www.parlament.ch/d/suche/Seiten/curia-vista.aspx>), unter der Geschäftsnummer 12.020, sowie Botschaft zur Totalrevision des Alkoholgesetzes (Spirituosensteuergesetz und Alkoholhandelsgesetz) vom 25. Januar 2012, Bundesblatt 2012 S. 1315-1466, 1379 f.
3. M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band IV: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in West und Ost 1945-1990, München 2012, S. 530; vgl. auch den dort zitierten R. Kiesow, Das Alphabet des Rechts, Frankfurt am Main 2004, S. 76-92.
4. Vgl. das 1251 Seiten umfassende, von elf Autorinnen und Autoren verfasste Handbuch M. Fehling/M. Ruffert (Hrsg.), Regulierungsrecht, Tübingen 2010; den Charakter des Regulierungsrechts als «eigenständiges Rechtsgebiet» konstatierend W. Kahl, Über einige Pfade und Tendenzen in Verwaltungsrecht und Verwaltungsrechtswissenschaft – ein Zwischenbericht, Die Verwaltung 42 (2009) S. 463-500, 483.
5. Vgl. immerhin den auf verwaltungsorganisationsrechtliche Fragen ausgerichteten Sammelband F. Bellanger/Th. Tanquerel (Hrsg.), Les autorités administratives indépendantes, Genf/Zürich/Basel 2011.
6. Zur globalen Ausbreitung vgl. den Datensatz bei J. Jordana/D. Levi-Faur/X. Fernández i Marín, The Global Diffusion of Regulatory Agencies, Comparative Political Studies 44 (2011) S. 1343-1369, 1344-1346.
7. Vgl. z.B. M. Th. Fögen/G. Teubner, Rechtstransfer, Rechtsgeschichte (2005) S. 38-45.
8. O. Kahn-Freund, On Uses and Misuses of Comparative Law, Modern Law Review 37 (1974) S. 49-63; für eine umsichtige, kritisch-abwägende Verwendung des Konzepts vgl. B. Schindler, Verwaltungsermessen, Zürich/St. Gallen/Baden-Baden 2010, N 288-293.
9. Ebenso G. Teubner, Legal Irritants. Good Faith in British Law or How Unifying Law Ends Up in New Divergencies, Modern Law Review 61 (1998) S. 11-32, 12, der daraus freilich andere begriffliche und konzeptionelle Folgerungen ableitet.
10. Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **).
11. Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz, FINMAG; SR 956.1; online verfügbar in allen drei Amtssprachen unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/c956_1.html>).
12. In diesem Sinn auch Ch. Winzeler, Art. 7 FINMAG, in: R. Watter/N. P. Vogt (Hrsg.), Basler Kommentar. Börsengesetz und Finanzmarktaufsichtsgesetz, 2. Auflage, Basel 2010, N 1 (wonach Regulierung eine «Kombination von Rechtssetzung und Rechtsanwendung» bilde; Hervorhebungen weggelassen).
13. Ähnlich auch das Fazit bei G. Biaggini, Unabhängige Regulierungsbehörden – aus schweizerischer Sicht, in: J. Masing/G. Marcou (Hrsg.), Unabhängige Regulierungsbehörden, Tübingen 2010, S. 379-396, 359 f. – Zur historischen Begriffsverwendung vgl. auch die Übersicht bei M. Schmoeckel, Dauerhaft engpassfreie Märkte durch «Regulierung»? Erfolgsgeschichte eines Begriffs, Forum Historiae Iuris vom 6. Februar 2009 [online verfügbar unter <http://www.forhistiur.de/zitat/0902schmoeckel.htm>], N 6-18.
14. Übereinkunft vom 28. April 1878 zwischen der Schweiz und dem Großherzogtum Baden wegen Regulierung der Grenze bei Konstanz (mit Schlussprotokoll; SR 0.132.136.5); die Übereinkunft wurde durch Art. 1 Übereinkunft vom 24. Juni 1879 zwischen der Schweiz und dem Deutschen Reiche wegen Regulierung der Grenze bei Konstanz (SR 0.132.136.51) «für das Deutsche Reich als rechtsgültig anerkannt»; beide Staatsverträge sind unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/sr.html> online verfügbar.
15. Vgl. etwa Verordnung vom 30. April 1990 über die Regulierung von Steinbockbeständen (SR 922.27); Art. 9 Verordnung vom 30. September 1991 über die eidgenössischen Jagdbanngebiete (SR 922.31) betreffend Bestandesregulierungen; Vertrag vom 28. März 1929 zwischen der Schweiz und Deutschland über die Regulierung des Rheins zwischen Strassburg/Kehl und Istein (SR 0.747.224.052.1); Staatsvertrag der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit der Republik Österreich vom 19. November 1924 über die Regulierung des Rheines von der Illmündung bis zum Bodensee (SR 0.721.191.632); alle online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/sr.html>.
16. Hervorhebungen hinzugefügt.
17. Vgl. in diesem Sinn E. Blumenstein, Das Problem der eidgenössischen Steuerkontingente, Vierteljahresschrift für Schweizerisches Abgaberecht 1 (1920) S. 235-250, 236 f.; zur Aufhebung der Bestimmung vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die verfassungsmäßige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes vom 1. Februar 1957, Bundesblatt 1957 I S. 505-630, 592.
18. Vgl. J. J. Blumer/J. Morel, Handbuch des Schweizerischen Bundesstaatsrechtes. Band II/Abt. I, 2. Auflage, Basel 1880, S. 401.
19. Art. 2 des 20. Kapitels Vermittlungsacte des Ersten Consuls der fränkischen Republik zwischen den Parteien, in welche die Schweiz getheilt ist («Mediationsverfassung») vom 19. Februar 1803, wiedergegeben u.a. bei A. Kölz, Quellenbuch zur neueren schweizerischen Verfassungsgeschichte. Vom Ende der Alten Eidgenossenschaft bis 1848, Bern 1992, S. 159-188, 176.
20. Art. 3 Bundesvertrag zwischen den XXII. Kantonen der Schweiz vom 7. August 1815, wiedergegeben u.a. bei Kölz, Quellenbuch (Anm. 19), S. 193-203, 194.
21. Vgl. dazu als leicht zugänglicher Überblick R. Roca, Sonderbund, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). Version vom 20. Dezember 2012, URL: <http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D17241.php>; ferner Th. Maissen, Geschichte der Schweiz, Baden S. 178-204.
22. W. Burckhardt, Kommentar der schweizerischen Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, 3. Auflage, Bern 1931, 351, 355; ferner Blumenstein, Steuerkontingente (Anm. 17), S. 237.
23. Vgl. Blumenstein, Steuerkontingente (Anm. 17), S. 237; Burckhardt, Bundesverfassung (Anm. 22), S. 355.
24. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bundesgesetzgebung über den Verkehr mit Nahrungs- und Genussmitteln und mit solchen Gebrauchs- und Verbrauchsgegenständen, welche das Leben und die Gesundheit gefährden können, vom 8. März 1895, Bundesblatt 1895 I S. 767-808, 794 (Hervorhebungen hinzugefügt); im gleichen Sinn auch Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1894 vom 3. April 1895, Bundesblatt 1895 II S. 225-392, 304, wo von «der einheitlichen Regulierung» der Aktivitäten privater Vereine zur Förderung der militärischen Ausbildung außerhalb der Dienstzeiten der Militärdienstpflichtigen die Rede ist.
25. Votum Ständerat O. Munzinger (Berichterstatter der Kommission), in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Ständerat) 1895, S. 458/linke Spalte (Sitzung vom 27. Juni 1895).
26. Votum Ständerat A. J. J. Kellersberger (Berichterstatter der Kommission), in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Ständerat) 1894, S. 210/linke Spalte (Sitzung vom 28. Juni 1894).
27. Votum Ständerat J. A. Scherb (Berichterstatter der Kommission), in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Ständerat) 1899, S. 334/linke Spalte (Sitzung vom 21. Juni 1899).
28. Votum Nationalrat H. Affolter, in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Nationalrat) 1918, S. 409/rechte Spalte (Sitzung vom 1. Oktober 1918): «(…) Regulierung des Gehaltes des Bundesrates (…).»
29. Votum Ständerat J. A. Locher (Berichterstatter der Kommission), in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Ständerat) 1910, S. 258/linke Spalte (Sitzung vom 21. Juni 1910).
30. Votum Nationalrat A. Mächler (deutschsprachiger Berichterstatter der Kommission), in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Nationalrat) 1919, S. 502/linke Spalte (Sitzung vom 4. Juni 1919): «Das Problem einheitlicher Regulierung des Verkehrs mit Automobilen und Fahrrädern in der ganzen Schweiz beschäftigt uns bereits 15 Jahre (…).»; in diesem Sinn auch Nationalrat O. Pfister, in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Nationalrat) 1931, S. 49/rechte Spalte (Sitzung vom 18. März 1931).
31. Votum Ständerat R. Schöpfer (Berichterstatter der Kommission), in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Ständerat) 1921, S. 201/linke Spalte (Sitzung vom 12. April 1921): «Es galt, (…) den Krieg zu bekämpfen (…) und ihn durch Regulierungen des Kriegsrechtes zu mildern.»
32. Vgl. Votum Bundesrat E. Schulthess-Disque, in: Amtliches stenographisches Bulletin der schweizerischen Bundesversammlung (Nationalrat) 1931, S. 368/linke Spalte (Sitzung vom 17. Juni 1931).
33. Vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1894 vom 3. April 1895, Bundesblatt 1895 II S. 225-392, 304.
34. G. Kölber, Etymologisches Rechtswörterbuch, Tübingen 1995, S. 336/linke Spalte; E. Seebold, in: Kluge. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 25. Auflage, Berlin/Boston 2011, S. 754/rechte Spalte; vgl. auch M. Ruffert, Begriff, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht (Anm. 4), § 7 N 4.
35. Evident wird diese Mehrdeutigkeit im Votum von Nationalrat U. Meister jun. (Berichterstatter der Kommission), in: Mitteilung der Kommission des Nationalrats zum Bundesgesetz betreffend den Bau einer schmalspurigen Eisenbahn von Brienz nach Interlaken als Fortsetzung der Brünigbahn vom 19. Juni 1906, Amtliches Bulletin der Bundesversammlung (Nationalrat) 1906 II S. 722-724, 722/linke Spalte (Hervorhebungen hinzugefügt), die vom Bundesrat «Aufschluss über die augenscheinlich notwendige Regulierung der Bahnhofsverhältnisse in Interlaken sowohl in rechtlicher und finanzieller als [auch in] technischer Beziehung» verlangte.
36. Vgl. etwa Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD), Recommendation of the Council on Regulatory Policy and Governance, Paris 2012, S. 21 (online verfügbar unter <http://www.oecd.org/gov/regulatory-policy/49990817.pdf>).
37. G. F. Schuppert, Governance und Rechtsetzung, Baden-Baden 2011, S. 281, die «epidemische Ausbreitung» unabhängiger Regulierungsbehörden ansprechend.
38. Organisation for Economic Co-Operation and Development (OECD), Regulatory Policies in OECD Countries. From Interventionism to Regulatory Governance, Paris 2002, S. 91 f. (Hervorhebungen hinzugefügt): «One of the most widespread institutions of modern regulatory governance is the so-called independent regulator or autonomous administrative agencies with regulatory powers. (...) The use of this kind of institution has mushroomed during the 1980s and 1990s and continues to increase (...).»; zur Quantität und zum Verlauf der Ausbreitung vgl. Jordana/Levi-Faur/Fernández i Marín, Regulatory Agencies (Anm. 6), S. 1344-1346.
39. D. Halberstam, The Promise of Comparative Administrative Law. A Constitutional Perspective on Independent Agencies, in: S. Rose-Ackerman/P. L. Lindseth (Hrsg.), Comparative Administrative Law, Cheltenham UK 2010, S. 185-204; ferner J. Masing, Soll das Recht der Regulierungsverwaltung übergreifend geregelt werden? Gutachten D für den 66. Deutschen Juristentag, München 2006, D S. 72 f. m.w.H.; F. Schorkopf, Regulierung nach den Grundsätzen des Rechtsstaates, JZ 63 (2008) S. 21-29, 24.
40. In diesem Sinn statt aller Ruffert, Begriff (Anm. 34), N 10-12 m.w.H.; Th. von Danwitz, Was ist eigentlich Regulierung?, DÖV 75 (2004) S. 977-986, 978. Mit dem Ausdruck «Diffusion» wird – im Unterschied zur bloßen Übernahme – freilich auch die Verschmelzung mit landesspezifischen Institutionen und Regelungsmodellen angesprochen (vgl. vorne unter Ziff. I zwischen Anm. 6 und 9). Im schweizerischen Bundesstaats- und Bundesverwaltungsrecht stellen das Milizsystem und die traditionell verbreiteten Kommissionen – vgl. dazu Biaggini, Regulierungsbehörden (Anm. 13), S. 391 und B. Schindler, Staat, Verwaltung und Verwaltungsrecht: Schweiz, in: A. v. Bogdandy/S. Cassese/P. M. Huber (Hrsg.), Handbuch Ius Publicum Europaeum. Band III. Verwaltungsrecht in Europa: Grundlagen, Heidelberg 2010, § 49 N 34, 39 – institutionelle Voraussetzungen dar, welche spezifische Strukturen für die transnationale Diffusion der «independent regulatory agencies» bereitstellten.
41. Ruffert, Begriff (Anm. 34), mittlerer Zwischentitel vor N 10.
42. Anders dagegen Schmoeckel, «Regulierung» (Anm. 13), N 19 («In den USA entstand die Regulierung erst später [d.h. nach der Wende zum 20. Jahrhundert].»), der «Regulierung» offenbar mit «Intervention» gleichsetzt, was vor dem Hintergrund des U.S.-amerikanischen Verfassungs- und Verwaltungsrechts nicht gänzlich zu überzeugen vermag; vgl. denn auch statt anderer im oben dargelegten Sinn C. R. Sunstein, After the Rights Revolution. Reconceiving the Regulatory State, Cambridge MA 1990, S. 13, 17 f., der nachweist, dass «regulations» bereits Teil des U.S.-amerikanischen Verwaltungsrechts des 19. Jahrhunderts bildeten (auch wenn die Transformation zum «regulatory state» erst im Zuge des New Deal folgen sollte) und die entsprechenden Verwaltungsbehörden (agencies) ab 1824 (sic!) errichtet worden sind; vgl. zu Letzterem anhand des weitgehend verallgemeinerungsfähigen Beispiels der Gründung der Interstate Commerce Commission (ICC) – laut M. J. Horwitz, The Transformation of American Law. 1870-1960, New York/Oxford 1992, S. 216 «the first institutionalization of the regulatory state» – im Jahr 1887 auch O. Lepsius, Verwaltungsrecht unter dem Common Law, Tübingen 1997, S. 78-83.
43. Article I Section 8 Clause 3 United States Constitution (U.S.-Const.): «[The Congress shall have Power] [t]o regulate Commerce with foreign Nations, and among the several States, and with the Indian Tribes; (…).» Das Verb «to regulate» taucht ferner an einer weiteren (Article I Section 8 Clause 5 U.S.-Const.), das entsprechende Substantiv («regulations») an sechs Stellen (Article I Section 4 Clause 1, Section 8 Clause 14, Section 9 Clause 6, Article III Section 2 Clause 2, Article IV Section 2 Clause 3 und Section 3 Clause 2 U.S.-Const.) im Text der mit bald 230 Jahren ältesten noch immer in Kraft stehenden geschriebenen Verfassung auf. In der «Bill of Rights», die am 25. September 1789 vom Kongress beschlossen wurde und die Verfassung der Vereinigten Staaten ergänzt, wird der Ausdruck in adjektivischer Form verwendet; vgl. II. Amendment U.S.-Const.: «A well regulated Militia, being necessary to the security of a free State, the right of the people to keep and bear Arms, shall not be infringed.» In der kontroversen Leitentscheidung District of Columbia v. Heller, 554 U.S. 570 (2008) gelangte der United States Supreme Court am 26. Juni 2008 zum Schluss, der wenig klar formulierte Verfassungszusatz garantiere ein Individualrecht auf den Besitz einer Schusswaffe für traditionell als rechtmäßig verstandene Zwecke wie die Selbstverteidigung.
44. United States Supreme Court, National Federation of Independent Business [NFIB], et al. v. Kathleen Sebelius, Secretary of Health and Human Services, et al., 567 U.S. _ (2012) (slip opinion).
45. United States Supreme Court, NFIB (Anm. 44), S. 18 (opinion of Roberts, C.J.): «The power to regulate commerce presupposes the existence of commercial activity to be regulated. If the power to ‹regulate› something included the power to create it, many of the provisions in the Constitution would be superfluous.» (Hervorhebungen teilweise im Original.)
46. United States Supreme Court, NFIB (Anm. 44), S. 20-27 (opinion of Roberts, C. J.); a.M. statt anderer J. M. Balkin, Commerce, Michigan Law Review 109 (2010) S. 1-52, 46 f.
47. Vgl. United States Supreme Court, Gibbons v. Ogden, 9 Wheat. 1, 196, 244 (1824): «What is this power? It is the power to regulate; that is, to prescribe the rule by which commerce is to be governed (…).» (Hervorhebungen hinzugefügt); vgl. Balkin, Commerce (Anm. 46), S. 28 f.; ferner A. R. Amar, America’s Constitution. A Biography, New York 2005, S. 105-110 und in diesem Punkt ebenso R. E. Barnett, The Original Meaning of the Commerce Clause, University of Chicago Law Review 68 (2001) S. 101-147, 139-146.
48. Ob solche Tätigkeiten im engeren Sinn «wirtschaftlich» zu sein brauchen – so wohl United States Supreme Court, NFIB (Anm. 44), S. 18 (opinion of Roberts, C. J.) («…the existence of commercial activity to be regulated…»; Hervorhebungen hinzugefügt) – ist freilich umstritten; die Frage aufgrund einer historischen Auslegung verneinend Balkin, Commerce (Anm. 46), S. 15-29.
49. Zu den Gründen für diesen Paradigmawechsel (fehlendes technisches Fachwissen der Richter, mangelnde Konsistenz administrativer Regelungen bei gerichtlicher Rechtsdurchsetzung, Verfahrenskosten als Prozesshindernis für sozial schwächere Parteien etc.) vgl. die einflussreichen Darlegungen von J. M. Landis, The Administrative Process, New Haven 1938, S. 30-41; für einen politökonomischen Erklärungsansatz dieser Verschiebung in der «Progressive Era» vom Privat- hin zum Verwaltungsrecht vgl. E. L. Glaeser/A. Shleifer, The Rise of the Regulatory State, Journal of Economic Literature 41 (2003) S. 401-425; vgl. sodann die konzisen Darstellungen bei St. G. Breyer/R. B. Stewart/C. R. Sunstein/A. Vermeule, Administrative Law and Regulatory Policy, 6. Auflage, New York 2006, S. 16-18 und – unter Einbezug der Entwicklungen in Deutschland – O. Lepsius, Regulierungsrecht in den USA: Vorläufer und Modell, in: Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht (Anm. 4), § 1/S. 3-75, N 18-54.
50. Vgl. R. E. Schiller, The Era of Deference. Courts, Expertise, and the Emergence of New Deal Administrative, Michigan Law Review 106 (2007) S. 399-441, insbesondere 429-440; für konzise Nachzeichnungen dieser Entwicklung vgl. Breyer/Stewart/Sunstein/Vermeule, Administrative Law (Anm. 49), S. 18-20 und Lepsius, Regulierungsrecht (Anm. 49), N 55-73.
51. Vgl. die nuancierte Aufarbeitung der Thematik bei M. Lodge, Regulation, the Regulatory State and European Politics, West European Politics 31 (2008) S. 280-301 und ders., From the Positive to the Regulatory State. Causes and Consequences of Changes in the Mode of Governance, Journal of Public Policy 17 (1997) S. 139-167; vgl. für die Vereinigten Staaten insbesondere Sunstein, Rights Revolution (Anm. 42), S. 18-31 und für die Anwendung des Konzepts auf Großbritannien M. Moran, The Rise of the Regulatory State in Britain, Parliamentary Affairs 54 (2001) S. 19-34. Die Übertragung des Konzepts auf die Europäische Union geht wesentlich auf G. Majone, The Rise of the Regulatory State in Europe, West European Politics 14 (1994) S. 77-101 zurück; zu den normativen Implikationen M. Jachtenfuchs, The Governance Approach to European Integration, Journal of Common Market Studies 39 (2001) S. 245-264, 252 f.
52. Zum formal rulemaking im U.S.-amerikanischen Verwaltungsrecht vgl. Administrative Procedure Act (APA), Pub.L. 79-404, 60 Stat. 237, enacted June 11, 1946 5 U.S.C §§ 553(c), 556/557. Im Normalfall des informal rulemaking hat die Behörde ein blosses sog. «notice-and-comment»-Verfahren durchzuführen, bei dem die Betroffenen zu den vorgeschlagenen rules schriftlich Stellung nehmen können; vgl. APA, § 553(b); hierzu aus verwaltungsrechtsvergleichender Perspektive R. B. Stewart, U.S. Administrative Law: A Model for Global Administrative Law?, Law and Contemporary Problems 68 (2004-2005) S. 63-108, 73-75.
53. Vgl. auch Winzeler, Art. 7 FINMAG (Anm. 12), N 1 (der Regulierung als eine «Kombination von Rechtssetzung und Rechtsanwendung» bezeichnet; Hervorhebungen weggelassen) und J. Masing, Die US-amerikanische Tradition der Regulated Industries und die Herausbildung eines europäischen Regulierungsverwaltungsrechts. Constructed Markets on Networks vor verschiedenen Rechtstraditionen, AöR 128 (2003) S. 558-607, 561: «‹Regulierung› meint dabei nicht, wie die aktuelle deutsche Diskussion zum Regulierungsverwaltungsrecht, einen Gegenbegriff zu einer hergebrachten Form von allgemeinen Regelungen, sondern meint staatliche Rechtssetzung durch statutes (Gesetze) bzw. auch behördliche rules überhaupt.» Besonders offenkundig ist diese Regelbildung durch Rechtsprechung im «pilot-judgment procedure» des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem anhand eines Einzelfalls in genereller Weise über eine Problemlage entschieden wird, die auch zahlreichen parallelen Verfahren zugrunde liegt (sog. «clone cases»); vgl. dazu L. Caflisch, New Practice Regarding the Implementation of the Judgments of the Strasbourg Court, Italian Yearbook of International Law 25 (2005) S. 3-23 sowie EGMR, Urteil Nr. 31443/96 vom 22. Juni 2004 in Sachen Jerzy Broniowski v. Polen.
54. Zur spätestens mit der während des New Deal ergangenen Rechtsprechung des United States Supreme Court, mit der die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Recht zusehends verwischte Horwitz, American Law (Anm. 42), S. 207 f.
55. Für die Sichtweise der Politischen Ökonomie stilbildend G. J. Stigler, The Theory of Economic Regulation, Bell Journal of Economics and Management Science 2 (1971) S. 3-21; daran anschließend R. A. Posner, Theories of Economic Regulation, Bell Journal of Economics and Management Science 5 (1974) S. 335-358; S. Peltzman, Toward a More General Theory of Regulation, Journal of Law and Economics 19 (1976) S. 211-240 und F. S. McChesney, Rent Extraction and Rent Creation in the Economic Theory of Regulation, Journal of Legal Studies 16 (1987) S. 101-118.
56. Stigler, Regulation (Anm. 55), S. 3: «[A]s a rule, regulation is acquired by the industry and is designed and operated primarily for its benefit.»; mehr als 15 Jahre früher bereits L. L. Jaffe, The Effective Limits of the Administrative Process. A Reevaluation, Harvard Law Review 67 (1954) S. 1105-1135, 1113 (die «industry orientation» als «endemic in any agency or set of agencies» bezeichnend), der gemäß Horwitz, American Law (Anm. 42), S. 240 der erste «New Dealer» war, der das capture-Phänomen identifizierte.
57. N. A. Gunningham/P. Grabosky, Smart Regulation, Oxford/New York 1999, S. 373-448.
58. I. Ayres/J. Braithwaite, Responsive Regulation, New York/Oxford 1992, S. 158-162.
59. M. Sparrow, The Regulatory Craft, Washington DC 2000, S. 131-133.
60. Ph. Selznick, Focusing Organisational Research on Regulation, in: R. Noll (Hrsg.), Regulatory Policy and the Social Sciences, Berkeley 1985, S. 363-367, 363 (Hervorhebungen im Original): «In its central meaning, regulation refers to the sustained and focused control exercised by a public authority valued by the community», dazu A. I. Ogus, Regulation. Legal Form and Economic Theory, Oxford/Portland 2004, S. 108; R. Baldwin/M. Cave, Regulation, in: R. Baldwin/M. Cave/M. Lodge (Hrsg.). The Oxford Handbook of Regulation, Oxford/New York 2010, S. 3-16, 12 (diese Definition als «seminal» bezeichnend).
61. Ogus, Regulation (Anm. 60), S. 1. – Im obigen Sinn auch etwa OECD, Recommendation on Regulatory Policy and Governance (Anm. 36), S. 21: «For the OECD, regulation is defined broadly, referring to the diverse set of instruments by which governments set requirements on enterprises and citizens. Regulations include laws, formal and informal orders and subordinate rules issued by all levels of government, and rules issued by non-governmental or self-regulatory bodies to which governments have delegated regulatory powers.»; kritisch zum CAC-Ansatz etwa Gunningham/Grabosky, Smart Regulation (Anm. 57), S. 38-50.
62. Zur informellen aber wirkungsmächtigen Rolle der Politikberatung durch die OECD am Beispiel des «Programme for International Student Assessment» (PISA) A. v. Bogdandy/M. Goldmann, The Exercise of International Public Authority through National Policy Assessment, International Organizations Law Review 5 (2008) S. 241-298; ferner Ch. Möllers, Die Governance-Konstellation. Transnationale Beobachtung durch öffentliches Recht, in: G. F. Schuppert/M. Zürn (Hrsg.), Governance in einer sich wandelnden Welt, Politische Vierteljahresschrift 41 (2008) S. 238-256, 249 f., 252; vgl. auch ergänzend die Nachweise in Anm. 95.
63. Vgl. etwa J. Braithwaite, The Regulatory State?, in: R. A. W. Rhodes/S. A. Binder/B. A. Rockman (Hrsg.), The Oxford Handbook of Political Institutions, Oxford/New York 2006, S. 407-430, 407; Jachtenfuchs, Governance Approach (Anm. 51), S. 252 f.
64. Braithwaite, Regulatory State (Anm. 63), S. 407 (Hervorhebungen hinzugefügt): «Regulation is conceived as that large subset of governance that is about steering the flow of events, as opposed to providing and distributing.»
65. J. Braithwaite/C. Coglianese/D. Levi-Faur, Can regulation and governance make a difference? Regulation & Governance 1 (2007) S. 1-7, 3 (Hervorhebungen hinzugefügt): «[W]e (…) conceive of ‹governance› as a broader term than ‹regulation›. Governments and governance are about providing, distributing, and regulating. Regulation can be conceived as that large subset of governance that is about steering the flow of events and behavior, as opposed to providing and distributing.»; zum normativen Gehalt des Governance-Ansatzes mit einer dezidiert kritischen Würdigung Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 495-497 m.w.H.
66. Vgl. J. Black, Decentring. Regulation. Understanding the Role of Regulation and Self-Regulation in a «Post-Regulatory» World, Current Legal Problems 54 (2001) S. 103-146; ähnlich weit etwa Gunningham/Grabosky, Smart Regulation (Anm. 57), S. 4.
67. J. Black, Critical Reflections on Regulation, Australian Journal of Legal Philosophy 27 (2002) S. 1-35, 26 (Hervorhebungen weggelassen): «[R]egulation› is the sustained and focused attempt to alter the behaviour of others according to defined standards or purposes with the intention of producing a broadly identified outcome or outcomes, which may involve mechanisms of standard-setting, information-gathering and behaviour-modification.»; kritisch Lodge, Regulation (Anm. 51), S. 295.
68. Black, Critical Reflections (Anm. 67), S. 13, unter Bezugnahme auf J. Braithwaite/P. Drahos, Global Business Regulation, Cambridge UK 2000, S. 27.
69. Vgl. nur Ogus, Regulation (Anm. 60), S. 1-5; bedenkenswert in diesem Zusammenhang Black, Critical Reflections (Anm. 67), S. 11: «Conceptual confusion is indicated by definitional chaos.»
70. So auch Black, Critical Reflections (Anm. 67), S. 2 («‹Regulation› is not a concept that travels well (…). As any who have attempted to study ‹regulation› outside of English-speaking countries will be aware, there is often no parallel word or even concept, though that does not mean that the social activity to which the term ‹regulation› is used to refer does not exist.»)
71. Vgl. statt aller R. Baldwin/M. Cave/M. Lodge, Understanding Regulation. Theory, Strategy, and Practice, 2. Auflage, Oxford/New York 2012, S. 3; hinsichtlich der Wirkungsorientierung ebenso M. Eifert, Regulierungsstrategien, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts. Band I, 2. Auflage, München 2012, § 19 N 7; E. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 2. Auflage, Berlin/Heidelberg/New York 2004, Kap. 3 N 53 (Regulierung als Gestaltungsaufgabe mit Finalsteuerung) und Schorkopf, Regulierung (Anm. 39), S. 21-29, 21 (Finalsteuerung).
72. So aber Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 490/Fn. 204 (diesen «Bewirkungsaspekt» als «trivial» bezeichnend), mit Hinweis auf ein Zitat aus BVerfGE 88, 203 (253), wonach Recht eine «auf tatsächliche Geltung abzielende (…) normative Ordnung» darstellt.
73. Vgl. N. Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1995, S. 478 f.
74. Eingehender zu dieser Differenz J. Reich, «Schutz der Kinder und Jugendlichen» als rechtsnormatives und expressives Verfassungsrecht. Rechtsnatur und Normgehalt von Art. 11 Abs. 1 der Bundesverfassung, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 131 (2012) I S. 363-387, 370-373, entfaltet vornehmlich auf der Unterscheidung zwischen instrumenteller und symbolischer Politik nach Luhmann, Recht der Gesellschaft (Anm. 73), S. 478 f.
75. Vgl. grundlegend A. Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/A. Voßkuhle (Hrsg.), Grundlagen des Verwaltungsrechts. Band I, 2. Auflage, München 2012, § 1 N 2-8, 11, 15; kritisch zum proklamatorischen Auftritt der Vertreterinnen und Vertreter der «Neuen Verwaltungsrechtswissenschaft» und deren «ausgeprägten Neigung zur Selbstkennzeichnung» insbesondere R. Wahl, Herausforderungen und Antworten. Das Öffentliche Recht der letzten fünf Jahrzehnte, Berlin 2006, S. 89, 92; abwägend-kritisch auch Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 463 f., 491-495; vgl. auch den eigenständigen, auf eine «interdisziplinäre Öffnung» ausgerichteten Ansatz aus einer (auch) schweizerischen Perspektive bei B. Schindler, 100 Jahre Verwaltungsrecht in der Schweiz, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 130 (2011) II S. 313-437, 413-419.
76. Ausführlich Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft (Anm. 75), N 39 (mit zahlreichen Nachweisen).
77. Stilbildend für die Auffassung, wonach negative externe Effekte (negative Externalitäten) eine notwendige, aber auch hinreichende Voraussetzung für staatliche Maßnahmen bilden A. Pigou, The Economics of Welfare, 4. Auflage, London 1932, insbesondere S. 18-20; vgl. auch J. E. Stiglitz, Whither Socialism?, Cambridge MA/London, insbesondere S. 42 f., 58-61. – Zu den ökonomischen Grundlagen vgl. etwa P. A. Samuelson/W. D. Nordhaus, Economics, 18. Auflage, Boston etc. 2005, S. 30, 36 f., 365.
78. Vgl. für den Versuch einer Umsetzung eines differenziert-integrativen Ansatzes am Beispiel des Taxigewerbes J. Reich, Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Rahmenbedingungen der Regulierung des Taxigewerbes. Regulierungsrechtliche Standortbestimmung nach den Urteilen 2C_804/2010 und 2C_940/2010 des Bundesgerichts vom 17. Mai 2011 zur Taxi-Verordnung der Stadt Zürich, Jusletter vom 18. Juli 2011, Rz. 4-8 [online verfügbar unter <http://jusletter.weblaw.ch/article/de/_9450?lang=de>].
79. Zur hier angedeuteten Problematik der Leistungserbringung öffentlicher Unternehmen außerhalb rechtlicher Monopole in Konkurrenzierung Privater vgl. BGE 138 I 378 E. 8.4 S. 394 f., wo das Schweizerische Bundesgericht die Ansicht, wonach «eine staatliche unternehmerische Tätigkeit nur zulässig sei, wenn ein Marktversagen vorliegt oder die Privatwirtschaft nicht in der Lage ist, die Bedürfnisse der Bevölkerung abzudecken (…)» zu Recht verwirft.
80. Vgl. statt anderer Ruffert, Begriff (Anm. 34), N 44-48.
81. Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 483.
82. Zum Zusammenhang zwischen dem TKG und dem Regulierungsbegriff vgl. eingehend M. Ruffert, Regulierung im System des Verwaltungsrechts, AöR 124 (1999) S. 237-281, 239 f.; desgleichen H. Ch. Röhl, Soll das Recht der Regulierungsverwaltung übergreifend geregelt werden?, JZ 61 (2006) S. 831-839, 832; H.-H. Trute, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, DVBl 111 (1996) S. 950-964, 953 f.; Wahl, Herausforderungen und Antworten (Anm. 75), S. 83 sowie A. Ch. Thoma, Regulierte Selbstregulierung im Ordnungsverwaltungsrecht, Berlin 2008, S. 35 f.; zu Recht kritisch J. Masing, Grundstrukturen eines Regulierungsverwaltungsrechts, Die Verwaltung 36 (2003) S. 1-32, 2 (wonach «Privatisierungsfolgerecht» bloßes «Abwicklungsrecht» suggeriere, mit dem man sich nicht zu beschäftigen brauche) und J.-P. Schneider, Flexible Wirtschaftsregulierung durch unabhängige Behörden im deutschen und britischen Telekommunikationsrecht, in: E. Schmidt-Aßmann/K.-P. Dolde (Hrsg.), Beiträge zum öffentlichen Wirtschaftsrecht. Verfassungsrechtliche Grundlagen, Liberalisierung und Regulierung, öffentliche Unternehmen, Frankfurt am Main 2005, S. 39-40, 41-43.
83. Art. 7 FINMAG (Anm. 11).
84. Vgl. nur Eifert, Regulierungsstrategien (Anm. 71), § 19 N 1 («‹Regulierung› hat noch keine einheitliche Definition.») sowie Röhl, Regulierungsverwaltung (Anm. 82), S. 832; kritisch Masing, Gutachten (Anm. 39), S. D 5-D 195, D 9 und D 191; ders., Regulierungsverwaltungsrecht (Anm. 82), S. 1 f.
85. Eifert, Regulierungsstrategien (Anm. 71), § 19 N 7; E. Schmidt-Aßmann, Regulierte Selbstregulierung und verwaltungsrechtliche Systembildung, Die Verwaltung. Beiheft 4, Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, S. 253-271, 255.
86. Ruffert, Begriff (Anm. 34), N 58 (Hervorhebungen hinzugefügt).
87. Aus anderen Gründen ebenfalls kritisch Masing, Regulierungsverwaltungsrecht (Anm. 82), S. 2.
88. Schmidt-Aßmann, Regulierte Selbstregulierung (Anm. 85), S. 256 (bezogen auf die regulierte Selbstregulierung).
89. Zu möglichen Referenzgebieten vgl. Röhl, Regulierungsverwaltung (Anm. 82), S. 833; Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 483; vgl. sodann vor allem die Beiträge in Fehling/Ruffert, Regulierungsrecht (Anm. 4), §§ 8-18 (Telekommunikation, Energie, öffentlicher Verkehr, Post, Medien, Abfall, Wasser, soziale Infrastrukturen im Gesundheitswesen, Hochschule und Finanzmarktaufsicht) sowie Reich, Regulierung des Taxigewerbes (Anm. 78), Rz. 3 und 9 (das Taxigewerbe, definiert als gewerbsmäßiger Transport von Personen und Waren ohne Fahrplan und festgelegte Linienführung, als Referenzgebiet behandeln).
90. Ähnlich wohl auch Masing, Gutachten (Anm. 39), S. D 9 f., 14.
91. Zu den systematisierend entfalteten Abstufungen staatlicher Verantwortlichkeit vgl. E. Schmidt-Aßmann, Zur Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: W. Hoffmann-Riem/E. Schmidt-Aßmann/G. F. Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Baden-Baden 1993, S. 11-63, 43 f.; ferner Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 481 f. – Zu dem damit in Zusammenhang stehenden Modell des Gewährleistungsstaates vgl. nachstehend Ziff. IV/A-B.
92. Ähnlich Kahl, Pfade und Tendenzen (Anm. 4), S. 483 m.w.H.
93. Anders, da stärker auf die Ermöglichung von Wettbewerb ausgerichtet dagegen Ruffert, Begriff (Anm. 34), N 58 m.w.H.
94. W. Hoffmann-Riem, Eigenständigkeit der Verwaltung, in: ders./Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen (Anm. 71), § 10 N 137 unter Verweis auf BVerfGE 105, 279 (306), wo indessen von «staatsleitende[r] Informationsarbeit» die Rede ist.
95. Im Kontext der Europäischen Union stilbildend G. Majone, The New European Agencies: Regulation by Information, Journal of European Public Policy 4 (1997) S. 262-275 und – für die Verbindung mit dem Netzwerk-Ansatz – R. Dehousse, Regulation by Networks in the European Community. The Role of European Agencies, Journal of European Public Policy 4 (1997) S. 246-261; zu den daraus entstehenden legitimationstheoretischen Problemlagen A.-M. Slaughter, Global Government Networks, Global Information Agencies, and Disaggregated Democracy, Michigan Journal of International Law 24 (2002/2003) S. 1041-1076.
96. Zu diesem Zusammenhang statt anderer Wahl, Herausforderungen und Antworten (Anm. 75), S. 83 f. m.w.H. und Röhl, Regulierungsverwaltung (Anm. 82), S. 833.
97. Illustrativ daher die Aufzählung der Referenzgebiete in Anm. 89.
98. Zur verwaltungsrechtlichen Systembildung vgl. vornehmlich Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Anm. 71), Kap. 1 N 3 f.; sodann Ch. Möllers, Methoden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen (Anm. 71), § 3 N 35 f. m.w.H.; zur Funktion rechtswissenschaftlicher Dogmatik auch J. Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit. Evolution und Dogmatik von Art. 94 Abs. 1 und 4 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, Zürich/St. Gallen 2011, N 20-23.
99. Statt aller G. Müller, Elemente einer Rechtssetzungslehre, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2006, S. 29 f.
100. Schmidt-Aßmann, Regulierte Selbstregulierung (Anm. 85), S. 255: «Die Essenz des Begriffs ist der Verbund.»; in der Sache ebenso A. Voßkuhle, «Regulierte Selbstregulierung» – Zur Karriere eines Schlüsselbegriffs, Die Verwaltung. Beiheft 4, Regulierte Selbstregulierung als Steuerungskonzept des Gewährleistungsstaates, S. 197-200, 199 («Verwobenheit von Fremd- und Selbststeuerung»); aus schweizerischer Sicht in der Sache ebenso Müller, Rechtssetzungslehre (Anm. 99), S. 29 f. sowie G. Biaggini/R. H. Weber, Rechtliche Rahmenbedingungen für verwaltungsunabhängige Behördenkommissionen, Zürich 2002, S. 225 f.; enger wohl A. Marti, Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten auf dem Gebiet der Rechtsetzung. Ende des staatlichen Rechtsetzungsmonopols?, Aktuelle Juristische Praxis 11 (2002) S. 1154-1162, 1159 und ders., Selbstregulierung anstelle staatlicher Gesetzgebung?, Schweizerisches Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht 101 (2000) S. 561-586, 569; für den angelsächsischen Kontext statt anderer C. Coglianese/E. Mendelson, Meta-Regulation and Self-Regulation, in: Baldwin/Cave/Lodge, Handbook of Regulation (Anm. 60), S. 146-168, 150.
101. B. Pieroth/B. Schlink, Grundrechte. Staatsrecht II, 28. Auflage, Heidelberg 2012, N 222.
102. Eifert, Regulierungsstrategien (Anm. 71), § 19 N 145.
103. Besonders deutlich in diesem Sinn U. Di Fabio, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997) S. 237-277, 238: «instrumentelle Selbstregulierung» (Hervorhebungen verändert); ferner M. Schmidt-Preuß, Verwaltung und Verwaltungsrecht zwischen gesellschaftlicher Selbstregulierung und staatlicher Steuerung, VVDStRL 56 (1997) S. 160-234, 165; Thoma, Regulierte Selbstregulierung (Anm. 82), S. 39.
104. Vgl. Coglianese/Mendelson, Meta-Regulation (Anm. 100), S. 147-153.
105. Statt anderer Eifert, Regulierungsstrategien (Anm. 71), § 19 N 59; A. Ogus, Rethinking Self-Regulation, Oxford Journal of Legal Studies 15 (1995) S. 97-108, 97 f. m.w.H.
106. Ogus, Self-Regulation (Anm. 105), S. 98 m.w.H.; Ders., Regulation (Anm. 60), S. 108 und Coglianese/Mendelson, Meta-Regulation (Anm. 100), S. 153; kritisch zur demokratischen Legitimation Müller, Rechtssetzungslehre (Anm. 99), S. 36 f.; zum capture-Phänomen vgl. vorne unter Ziff. II/C zwischen Anm. 55 und 57.
107. Vgl. Eifert, Regulierungsstrategien (Anm. 71), § 19 N 60.
108. Für die begrifflichen Anleihen vgl. F. A. v. Hayek, Freiburger Studien. Band V, Tübingen 1969, S. 97-107 (unter Bezugnahme auf David Hume).
109. So auch Thoma, Regulierte Selbstregulierung (Anm. 82), S. 35.
110. Zum Kontingenzbegriff, wonach ein Zustand auch anders sein könnte, jedoch nicht beliebig anders, da er von zahlreichen Bedingungen abhängig ist, N. Luhmann, Soziale Systeme, Frankfurt am Main 1984, S. 47; inhaltlich an diese systemtheoretischen Grundlagen anschließend zu einer Methodik des Denkens in Possibilitäten statt Kausalitäten M. Th. Fögen, Rechtsgeschichte – Geschichte der Evolution eines sozialen Systems, Rechtsgeschichte 1 (2002) S. 14-20, 17.
111. Vgl. dazu BVerfGE 98, 218 (246) – Rechtschreibreform: «Dem Grundgesetz liegt nicht die Vorstellung zugrunde, daß sich jede vom Staat ergriffene Maßnahme auf eine verfassungsrechtliche Ermächtigung zurückführen lassen müsse. Es geht vielmehr von der generellen Befugnis des Staates zum Handeln im Gemeinwohlinteresse aus, erlegt ihm dabei aber sowohl formell als auch materiell bestimmte Beschränkungen auf. Ein Regelungsverbot kann sich unter diesen Umständen nicht schon aus einer fehlenden verfassungsrechtlichen Ermächtigung, sondern nur aus den verfassungsrechtlichen Schranken staatlicher Entscheidungen ergeben.» Ähnliches gilt auch im schweizerischen Bundesverfassungsrecht: Ist ein Sachbereich nicht durch die Bundesverfassung dem Bund zugewiesen, fällt er in die Gesetzgebungshoheit der Kantone; vgl. Art. 3 und Art. 42 Abs. 1 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (SR 101; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/c101.html>). Einen Verfassungsvorbehalt, wonach Kantone nur jene Aufgaben wahrnehmen dürfen, zu denen sie die jeweilige Kantonsverfassung ermächtigt, kennt das Bundesrecht nicht, doch kann das kantonale Verfassungsrecht eine entsprechende Vorschrift enthalten (vgl. etwa § 63 Abs. 1 Verfassung des Kantons Thurgau (SR 131.228; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/131_228/a63.html>): «Der Kanton darf nur Aufgaben erfüllen, die ihm das Bundesrecht oder diese Verfassung zuweisen.»); vgl. dazu P. Tschannen, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 3. Auflage, Bern 2011, § 21 N 4-6.
112. Statt anderer Trute, Verwaltung (Anm. 82), S. 953 f.
113. Stilbildend M. Eiffert, Grundversorgung mit Telekommunikationsleistungen im Gewährleistungsstaat, Baden-Baden 1998, S. 18; aus schweizerischer Sicht vgl. etwa Schindler, Staat, Verwaltung und Verwaltungsrecht: Schweiz (Anm. 40), N 23.
114. Ähnlich statt aller Masing, Regulierungsverwaltungsrecht (Anm. 82), S. 31, der «Regulierungsverwaltungsrecht (…) als Gegenmodell zum Verständnis des Staates als Leistungsstaat» beschreibt; F. J. Säcker, Das Regulierungsrecht im Spannungsfeld von öffentlichem und privatem Recht, AöR 130 (2005) S. 180-224, 187. – Zum Erklärungswert von Staatsmodellen vgl. A. Voßkuhle, Der «Dienstleistungsstaat». Über Nutzen und Gefahren von Staatsbildern, Der Staat 40 (2001) S. 495-523.
115. Vgl. zu den gedanklichen Voraussetzungen des Interventionsstaates M. Vec, Interventionsstaat, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band II, 14. Lieferung der 2. Auflage, Berlin 2012, S. 1279-1283 (online verfügbar unter <http://www.hrgdigital.de/.download/pdf/interventionsstaat.pdf >).
116. Dazu und zum Folgenden Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Anm. 98), N 388-392 m.w.H.
117. Vgl. Art. 1 und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, BBG; SR 412.10; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/c412_10.html>).
118. Vgl. Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Anm. 98), N 396 m.w.H.; allgemein zur unterschiedlichen Stellung der Zünfte in den verschiedenen Kantonen vgl. K. Simon-Muscheid, Zünfte, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). Version vom 8. März 2011, URL: <http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D13729.php>.
119. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BBG (Anm. 117): «Die Berufsbildung ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt (Sozialpartner, Berufsverbände, andere zuständige Organisationen und andere Anbieter der Berufsbildung).»
120. Der folgende Abschnitt stellt eine Besprechung von Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **) in dem durch den Titel des vorliegenden Beitrags vorgegebenen Kontext dar. Die im besprochenen Band vereinigten Aufsätze gehen auf eine Tagung vom 17. bis 19. Juni 2010 zurück und sind im Rahmen des am Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main angesiedelten Forschungsprojekts «Regulierte Selbstregulierung in rechtshistorischer Perspektive» entstanden (Homepage des Projekts unter <http://www.rg.mpg.de/de/forschung/regulierte-selbstregulierung/>). Das Teilprojekt ist Bestandteil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Exzellenzclusters 243 «Die Herausbildung normativer Ordnungen» (engl.: «The Formation of Normative Orders»). Der anzuzeigende Band ist der zweite in einer als dreibändig konzipierten Reihe unter dem Titel «Moderne Regulierungsregime». Der erste Band ist 2010 erschienen [P. Collin/G. Bender/St. Ruppert/M. Seckelmann/M. Stolleis (Hrsg.), Selbstregulierung im 19. Jahrhundert (Anm. 122)], der dritte soll 2013 erhältlich sein [P. Collin/G. Bender/St. Ruppert/M. Seckelmann/M. Stolleis (Hrsg.), Regulierte Selbstregulierung in der westlichen Welt des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Frankfurt am Main (erscheint voraussichtlich 2013)].
121. Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **).
122. P. Collin, «Gesellschaftliche Selbstregulierung» und «Regulierte Selbstregulierung» – ertragreiche Analysekategorien für eine (rechts-)historische Perspektive?, in: ders./G. Bender/St. Ruppert/M. Seckelmann/M. Stolleis (Hrsg.), Selbstregulierung im 19. Jahrhundert – zwischen Autonomie und staatlichen Steuerungsansprüchen. Moderne Regulierungsregime 1 (Studien zur europäischen Rechtsgeschichte 259), Frankfurt am Main 2011, S. 3-31, 9.
123. Ähnlich P. Collin, Privatisierung und Etatisierung als komplementäre Gestaltungsprozesse, JZ 66 (2011) S. 274-282, 281.
124. Vgl. F. Fleiner, Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechts, 8. Auflage, Tübingen 1928, S. 164: «Der alte deutsche Sprachgebrauch bezeichnet den Bürger (Privaten) im Hinblick auf dieses Unterworfensein [gegenüber dem Staat] als Untertan.»
125. Vgl. aber die explizite Abwendung von dieser Diktion in BVerwGE 1, 159 (161): «Der Einzelne ist zwar der öffentlichen Gewalt unterworfen, aber nicht Untertan, sondern Bürger.» (Hervorhebungen hinzugefügt); zur Persistenz des überkommenen Sprachgebrauchs auch nach 1954 vgl. die Nachweise bei Wahl, Herausforderungen und Antworten (Anm. 75), S. 27 f.
126. O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht. Band I, 1. Auflage, Leipzig 1895, S. 94: «Der Rechtsstaat wird dadurch vollendet, dass auch der Verwaltungsakt mit seiner bindenden Kraft hineingestellt wird in die zu ordnenden Verhältnisse zwischen Staat und Untertan.» (Orthografie an die aktuellen Regeln der Rechtschreibung angepasst).
127. O. Mayer, Zur Lehre vom öffentlich-rechtlichen Vertrage, AöR 3 (1888) S. 3-86, 42 («Darum sind wahre Verträge des Staates auf dem Gebiete des öffentlichen Rechtes überhaupt nicht denkbar.»); vgl. aber die differenzierte rechtshistorische Einordnung bei M. Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band II: Staatsrechtslehre und Verwaltungswissenschaft 1800-1914, München 1992, S. 412 f. – Den Vorrang der Verfügung im schweizerischen Kontext ausdrücklich befürwortend etwa P. Tschannen, Systeme des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2. Auflage, Bern 2011, N 138; anders demgegenüber Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee (Anm. 71), Kap. 6 N 115, wonach «der Verwaltungsvertrag ein Institut [ist], das an rechtsstaatlicher Dignität dem Verwaltungsakt nicht nachsteht (…).»; zum Zusammenhang zwischen der Rechtsformenlehre und den ihr zugrunde liegenden staatstheoretischen Fundamenten E. Schmidt-Aßmann, Die Lehre von den Rechtsformen des Verwaltungshandelns, DVBl 104 (1989) S. 533-541, 533.
128. K. Groh, Gesellschaftliche Selbststeuerung? Verbändepluralismus und demokratische Staatslehre in der Weimarer Republik, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 33-52, 33.
129. A. Thier, Regulierte Selbstregulierung und Steuerrecht im Kaiserreich, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 165-196, 168.
130. J. Schmidt, Regulierte Selbstregulierung und Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert in Deutschland, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 69-86, 69.
131. C. Kremer, Autonomie als Rechtsquelle. Die Diskussion über nicht-staatliche Rechtsetzungsbefugnisse, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 3-32, 29.
132. W. Rudloff, Politikberatung – Politikbeeinflussung – Selbstnormierung? Staatliche Beratungsgremien in Kaiserreich und Weimarer Republik, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 261-283, 283.
133. Die zwölf Beiträge des Bandes sind drei Kapiteln zugeordnet. Die ersten vier, von Carsten Kremer (Frankfurt am Main), Kathrin Groh (München), Gerd Bender (Frankfurt am Main) und Jürgen Schmidt (Berlin) verfassten Aufsätze stehen unter dem Titel «Regulierte Selbstregulierung in rechtshistorischer Perspektive» und ordnen das Thema der regulierten Selbstregulierung in den historischen Kontext politischer und rechtlicher Auseinandersetzungen ein. Die im Abschnitt «Referenzgebiete des Rechts» verzeichneten Beiträge von Mathias Schmoeckel (Bonn), Wolfgang Ayass (Kassel), Peter Collin (Frankfurt am Main) und Andreas Thier (Zürich) beobachten das Phänomen regulierter Selbstregulierung in ausgewählten Rechtsgebieten, nämlich im Eisenbahn-, Unfallversicherungs-, Kommunal- und Steuerrecht. Die vier im dritten und abschließenden Kapitel «Praxisfelder» versammelten Beiträge gehen den spezifischen Wirkungsweisen der Selbstregulierung in der Wohnraumwirtschaft (Karl Christian Führer, Hamburg), der Arbeitsvermittlung (Thomas Buchner, Wien), der Lebensmittelindustrie (Vera Hierholzer, Frankfurt am Main) und der Politikberatung im Kaiserreich und in der Weimarer Republik (Wilfried Rudloff, Kassel) nach.
134. Vgl. etwa die in der Schweiz in Art. 12 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/935_61/a12.html>) festgelegten Berufsregeln für Anwältinnen und Anwälte, deren Einhaltung im Kanton Zürich durch die Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte überprüft wird, an deren Entscheide aufgrund von § 20 Anwaltsgesetz [des Kantons Zürich] vom 17. November 2003 (LS 215.1; online verfügbar über <http://www.zh.ch/internet/de/rechtliche_grundlagen/gesetze.html>) jeweils «drei vom Obergericht [also Richterinnen und Richter] und zwei von der Anwaltschaft gewählte Mitglieder [also Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte]» mitwirken müssen. Vgl. als weiteres Beispiel etwa die in Art. 25 Abs. 1 Bst. a und Art. 26-32 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, MedBG; SR 811.11; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/c811_11.html>) festgelegte Verantwortung gesamtschweizerischer Berufsorganisationen für die Weiterbildung von Fachpersonen in der Humanmedizin, der Zahnmedizin, der Chiropraktik, der Pharmazie und der Veterinärmedizin.
135. Vgl. nur T. Rostain, Self-Regulatory Authority, Markets, and the Ideology of Professionalism, in: Baldwin/Cave/Lodge, Handbook of Regulation (Anm. 60), S. 169-200, 169.
136. Vgl. Majone, Regulation by Information (Anm. 95), S. 262-275; v. Bogdandy/Goldmann, National Policy Assessment (Anm. 62), S. 241-298.
137. Vgl. Rudloff, Politikberatung (Anm. 132), S. 271-273.
138. Zu diesem durch die Ökonomie geprägten Begriff vgl. als Übersicht etwa B. S. Frey/G. Kirchgässner, Demokratische Wirtschaftspolitik, 3. Auflage, München 2002, S. 202-204 sowie detaillierter die klassischen Beiträge im Sammelband von R. D. Tollison/R. D. Congleton (Hrsg.), The Economic Analysis of Rent Seeking, Adlershot UK 1995; zur normativen, vor allem verfassungsrechtlichen Relevanz Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Anm. 98), N 357-360, 866.
139. Fleiner, Institutionen (Anm. 124), S. 78 f. (Hervorhebungen hinzugefügt); für weitere, insbesondere aus Vorauflagen stammende Nachweise vgl. Kremer, Autonomie (Anm. 131), S. 27.
140. Groh, Verbändepluralismus (Anm. 128), S. 51.
141. Pointiert beispielsweise H. Huber, Das Staatsrecht des Interventionismus, Zeitschrift für Schweizerisches Recht 40 (1951) S. 173-199, 180, 182 f., 192, 195, 197, 199, der angesichts des Verbandseinflusses vor einer «Desintegrierung des politischen Gesamtkörpers» und «eindringenden Wasser[n]» warnte, die «den Verfassungsstaat» überschwemmten und diesem «das Ende bereiten» würden, da sich die «staatliche Autorität» im Machtstreben der Interessengruppen aufzulösen drohe und ein Ineinanderwachsen von Staat und Gesellschaft bewirkt werde, bei dem der Staat nicht eine vorgefundene soziale Ordnung schütze, sondern schöpferisch gestalte. Eine «Tendenz zur Abkehr von den parlamentarischen Formeln der Gesetzgebungstätigkeit und zur Degradierung des Parlaments zur leeren Formel» machte freilich bereits Z. Giacometti, Die Fortbildung des öffentlichen Rechts der Schweizerischen Eidgenossenschaft in den Jahren 1921-1928, JöR 16 (1928) S. 327-396, 330 im Jahr 1928 angesichts des Einbezugs von Interessengruppen in den Gesetzgebungsprozess aus.
142. G. Bender, Tarifautonomie, Regulierte Selbstregulierung, Korporatismus. Eine Skizze, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 53-67, 54.
143. Bender, Tarifautonomie (Anm. 142), S. 56.
144. Bender, Tarifautonomie (Anm. 142), S. 65, 67.
145. M. Schmoeckel, Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung im 19. Jahrhundert am Beispiel der Bahn, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 89-122, 90.
146. Schmoeckel, Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung (Anm. 145), S. 118.
147. Schmoeckel, Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung (Anm. 145), S. 118 sowie 97 f.
148. Vgl. Schmoeckel, Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung (Anm. 145), S. 97 f.
149. Vgl. dazu im Kontext der Entstehungsbedingungen der schweizerischen Bundesverfassung im 19. Jahrhundert Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Anm. 98), N 73 und 290 f.
150. Vgl. dazu namentlich M. Uebele/A. Ritschl, Stock Markets and Business Cycle Comovement in Germany Before World War I. Evidence from Spectral Analysis, Journal of Macroeconomics 31 (2009) S. 35-57, 54; ferner Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Anm. 98), N 197-200 (mit zahlreichen Nachweisen).
151. Vgl. Schmoeckel, Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung (Anm. 145), S. 108-118, 122.
152. Vgl. Schmoeckel, Rechts- und Ideengeschichte der Regulierung (Anm. 145), S. 120 («Der Wandel der staatlichen Politik erfolgte überraschend schnell und gründlich»), 122 («Die Erfahrung des Gründerkrachs (…) führte zu einer raschen, recht umfassenden Umwertung»).
153. Vgl. in anderem Zusammenhang ebenso Reich, Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Anm. 98), N 73 und 290 f. und – zur Frage, ob es einen schweizerischen «Nachtwächterstaat» realiter je gab – N 159-509, insbesondere 159-161, 480-490 sowie 500-509.
154. W. Ayass, Regulierte Selbstregulierung in den Berufsgenossenschaften der gesetzlichen Unfallversicherung, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 123-143, 132.
155. K. Eppe/R. Schafer, The Transition from Monopoly to Competition. The Case of Housing Insurance in Baden-Wurttemberg, European Economic Review 40 (1996) S. 1123-1131.
156. Vgl. Ayass, Berufsgenossenschaften der gesetzlichen Unfallversicherung (Anm. 154), S. 132-136.
157. P. Collin, Kommunalrecht unter Regulierungsdruck in der Weimarer Zeit, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 145-163, 146 f.
158. Collin, Kommunalrecht (Anm. 157), S. 149-155, 159-162.
159. Collin, Kommunalrecht (Anm. 157), S. 163.
160. So aber Oliver Wendell Holmes, Jr. in seiner abweichenden Meinung in der Entscheidung des United States Supreme Court, Compañia General de Tabacos de Filipinas v. Collector of Internal Revenue, 275 U.S. 87, 100 (1927): «Taxes are what we pay for civilized society (…).»
161. Vgl. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 178 unter Bezugnahme auf A. Wagner, Finanzwissenschaft und Staatssozialismus mit einer Einleitung über Stein’s und Roscher’s Finanzwissenschaft, Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 43 (1887) S. 37-116, 116 (online verfügbar unter <http://www.digizeitschriften.de/dms/toc/?PPN=PPN345616871_0043>).
162. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 181.
163. Vgl. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 182.
164. Vgl. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 182-189.
165. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 189.
166. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 189.
167. Vgl. Thier, Steuerrecht (Anm129), S. 189-195.
168. K. Ch. Führer, Parität und «billiges» Ermessen. Die regulierte Selbstregulierung als Mittel der Wohnungs- und Mietenpolitik im späten Kaiserreich und in der jungen Weimarer Republik, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 199-215, 215.
169. Th. Buchner, Arbeitsvermittlung zwischen Kaiserzeit und Weimarer Republik. (Selbst-)Regulierung als Marktkonstruktion, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 217-238, 229.
170. Vgl. V. Hierholzer, Selbstregulierung avant la lettre? Die Nahrungsmittelindustrie im Deutschen Kaiserreich, in: Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung (Anm. **), S. 239-260, 239-241.
171. Zu den Begründungslinien vgl. Rudloff, Politikberatung (Anm. 132), S. 266 f.
172. Rudloff, Politikberatung (Anm. 132), S. 283.
173. Vgl. allgemein Art. 7 Abs. 3 FINMAG (Anm. 11): «Sie [die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA)] unterstützt die Selbstregulierung und kann diese im Rahmen ihrer Aufsichtsbefugnisse als Mindeststandard anerkennen und durchsetzen» (online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/956_1/a7.html>).
174. Vgl. etwa Art. 4 Abs. 1 Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz, BEHG; SR 954.1; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/954_1/a4.html>) unter der Sachüberschrift «Selbstregulierung»: «Die Börse gewährleistet eine eigene, ihrer Tätigkeit angemessene Betriebs-, Verwaltungs- und Überwachungsorganisation.»
175. Art. 37h Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG; SR 952.0; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/952_0/a37h.html>).
176. Art. 4 Abs. 3 Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagenverordnung, KKV; SR 951.311; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/951_311/a4.html>).
177. Vgl. Art. 12 Bst. c, Art. 14 Abs. 1 und 3, Art. 18 Abs. 1 und Art. 24-28 Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz, GwG; SR 955.0; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/c955_0.html>).
178. Im Kontext der Schweiz zu weiteren, im Umwelt- und Energierecht angesiedelten Beispielen vgl. Marti, Aufgabenteilung (Anm. 100), S. 1157.
179. Bundesrat, Bericht zur Finanzmarktpolitik des Bundes vom 19. Dezember 2012, Bern 2012, S. 33 (online verfügbar über <http://www.sif.admin.ch> unter den Rubriken Themen/Finanzmarktpolitik).
180. Zum sog. «Pferdefleisch-Skandal» vom Februar 2013 vgl. statt anderer Food Safety: After the Horse has Been Bolted, The Economist vom 13. Februar 2013, online verfügbar unter <http://www.economist.com/news/business/21571907-horse-meat-food-chain-wake-up-call-not-calamity-after-horse-has-been-bolted>.
181. Art. 22 Abs. 1 (Selbstkontrolle und Pflicht, bei den entsprechenden Untersuchungen einer «Guten Herstellungspraxis» zu folgen) und Art. 1 Bst. c (Gesetzeszweck) Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände (Lebensmittelgesetz, LMG; SR 817.0; online verfügbar unter <http://www.admin.ch/ch/d/sr/c817_0.html>).
182. Collin/Bender/Ruppert/Seckelmann/Stolleis, Regulierte Selbstregulierung in der westlichen Welt (Anm. 120).
183. Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft (Anm. 75), N 3, 2-8, 11, 15.
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Diese Seite ist vom 22. Mai 2013