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Autorenworkshop Administory: Administrative Multinormativität

27. März 2019

Administory. Journal for the History of Public Administration / Zeitschrift für Verwaltungsgeschichte – Band 5: Administrative Multinormativität – https://content.sciendo.com/view/journals/adhi/adhi-overview.xml – 27.-28.09.2019 – Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main – Einreichungen bis 15.05.2019 –
Von welchen normativen Maßstäben lässt sich das Verwaltungshandeln leiten? Egal, in welche Epoche oder in welche Verwaltungskultur man sich begibt – eindeutig dürfte sein, dass Verwaltung nicht lediglich leidenschaftsloser Vollstrecker von Rechtsnormen oder Exekutor politischer Programme ist. Verwaltung bewegt sich vielmehr in einem Geflecht unterschiedlicher Normativitäten. Diese müssen weder ein gesetzesähnliches ausdifferenziertes Normenprogramm aufweisen noch eine Bindungskraft, die ihre Stärke aus gerichtlicher Durchsetzbarkeit oder aus der Autorität höherer politischer Instanzen gewinnt. Teilweise wirken sie nur diffus und informell; Außenstehenden werden sie manchmal erst sichtbar, wenn es zu Normenkonflikten kommt. Doch um welche Normativitäten außerhalb gesetzlicher Programmierung und politischer Vorgaben kann es sich handeln? Zunächst lässt sich allgemein sagen, dass administrative Ausdifferenzierung mit normativer Ausdifferenzierung einhergehen kann – allerdings nicht unbedingt muss. So kann sich Wirtschaftsverwaltung – gerade wenn sie mit ihrer Klientel eng verbunden ist – in starken Maße an wirtschaftlichen Imperativen und Handlungslogiken orientieren, auch wenn diese im offiziell für die Verwaltung geltenden Recht nicht in diesem Maße ihren Niederschlag gefunden haben. Technikverwaltung kann sich mit der kühlen technischen Rationalität der Ingenieure identifizieren. Sozialverwaltung kann sich Leitdispositionen sozialer Fürsorge zu eigen machen, die engen Handlungsmöglichkeiten des Rechts widerstreiten. Klar ist damit, dass die Verwaltung in sich normativ ausdifferenziert ist. Oft saugt das Recht in Form von speziellen Gesetzen diese Sonderrationalitäten auf und übersetzt sie damit wieder in rechtliche Steuerung, aber dies geschieht nicht immer. Andererseits zeigt sich normative Pluralität nicht nur in solchen eher funktional zu verstehenden Differenzen. In unterschiedlicher Weise können bestimmte Ehrvorstellungen und Loyalitätsverständnisse eigenständige normative Kraft entfalten. Gleichermaßen ist klar, dass die Maßstäbe diplomatischer Courtoisie Beamte des auswärtigen Dienstes anders handeln lassen als die Amtswalter einer inländischen Ordnungsbehörde. Aber auch ganz allgemein kann es zu Normenkonflikten kommen. Schon immer bestand ein gewisser Widerstreit zwischen dem ökonomischen Imperativ der Ressourcenschonung und der sachangemessenen Erfüllung der Verwaltungsaufgaben, zwischen offiziellen Vorgaben und den subkutan in normative Kategorien überführten Routinen pragmatischer Dienstausführung, zwischen den Klugheitsregeln subalternen „Eigensinns“ und hierarchischer Befehlslogik, zwischen lokalen und zentralen Handlungsrationalitäten. Verwaltung erweist sich somit als nur schwer überschaubarer Treffraum von Vorstellungen über das, was als richtig und angemessen gelten kann. Solche widersprüchlichen Verflechtungslagen können sich in Behörden selbst zeigen, aber auch im Verhältnis zwischen verschiedenen Behörden oder im Verhältnis zwischen Verwaltung und Verwaltungspublikum. Im Schwerpunktheft der Zeitschrift Administory „Administrative Multinormativität“, herausgegeben von Peter Becker (Wien) und Peter Collin (Frankfurt am Main) sollen sich Beiträge versammeln, die diese Landschaft kartieren. Anhand von Fallstudien aus der Verwaltung des 19. und 20. Jahrhunderts soll gezeigt werden, wie Kooperation und Konflikt verschiedener Normativitäten vonstattengingen, wie sich neue normative Arrangements herausbildeten und normative Konflikte kleingearbeitet wurden.
Erste Versionen der Texte sollen auf einem Autorenworkshop besprochen werden, der am 27./28. September 2019 im Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main, stattfindet; Reise- und Unterkunftskosten werden übernommen. Wir laden Historiker, Juristen, Kulturwissenschaftler, Politologen und Soziologen ein, sich mit ihren Beiträgen (in Deutsch oder Englisch) an diesem Projekt zu beteiligen. Vorschläge (maximal 500 Wörter) sollen bis zum 15.05.2019 eingereicht werden bei collin@rg.mpg.de oder peter.becker@univie.ac.at.